: Michael Connelly
: Der Widersacher Der 15. Fall für Harry Bosch
: Kampa Verlag
: 9783311705864
: Ein Fall für Harry Bosch
: 1
: CHF 11.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nach seinem Zwischenstopp in der Abteilung Special Homicide hat Harry Bosch jetzt bei Offen-Ungelöst einen eher geregelten Alltag. Feste Arbeitszeiten, kein Hetzen zu Tatorten und einmal im Monat Weihnachten: Dann werden die gelben Umschläge mit DNA-Ergebnissen zu jahrzehntealten Verbrechen verteilt, die normalerweise bedeuten, dass ein Täter endlich überführt ist. Aber in diesem Fall macht der Gentest stutzig. An der Leiche der 1989 ermordeten Studentin Lily Price soll das Blut von Clayton Pell gefunden worden sein. Doch der wurde erst 1981 geboren. Kann er mit acht Jahren wirklich schon ungeschoren mit einer Vergewaltigung und einem Mord davongekommen sein? Ein Fehler im Labor könnte alle Fälle gefährden, die derzeit vor Gericht neu verhandelt werden! Dann werden Bosch und sein Partner zu einem politisch brisanten Todesfall gerufen: Der Sohn von Stadtrat Irvin Irving ist aus einem Fenster des Chateau Marmont gesprungen - oder gestoßen worden? Boschs langjähriger Erzfeind Irving verlangt, dass er die Ermittlungen übernimmt.

Michael Connelly ist mit über 89 Millionen verkauften Büchern in 45 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene?e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller. Connelly lebt in Kalifornien und in Florida.

2


Die Einheit Offen-Ungelöst teilte sich das Nutzungsrecht für die zwei Besprechungszimmer im vierten Stock mit allen anderen Einheiten der Robbery-Homicide Division, derRHD. Normalerweise mussten die Detectives eins der Zimmer im Vorfeld reservieren, indem sie sich in einem Klemmbrett eintrugen, das an der Tür hing. Aber so früh an einem Montagmorgen waren beide Räume frei, und Bosch, Chu, Shuler und Dolan beschlagnahmten kurzerhand den kleineren der beiden.

Sie hatten die Mordakte und die kleine Beweismittel-Archivbox des Falls aus dem Jahr1989 dabei.

»So«, begann Bosch, als alle saßen. »Ihr habt also nichts dagegen, wenn wir diesen Fall übernehmen? Wenn doch, können wir noch mal zu Duvall gehen und ihr sagen, dass ihr ihn unbedingt haben wollt.«

»Nein, schon okay«, sagte Shuler. »Wir sind mit dem Prozess voll ausgelastet, deshalb ist es auf jeden Fall besser so. Es ist unser erster Fall bei der Einheit, und wir wollen ihn unbedingt bis zum Schuldspruch begleiten.«

Bosch nickte und schlug beiläufig die Akte auf. »Könntet ihr uns dann vielleicht kurz sagen, worum es hier geht?«

Shuler nickte seiner Partnerin Dolan zu und gab den Kollegen dann eine Zusammenfassung des Falls aus dem Jahr1989. Bosch blätterte währenddessen den Ordner durch.

»Wir haben ein neunzehnjähriges Opfer, Lily Price. Studentin aus Ohio, grundanständiges Mädchen. Sie wurde in Venice auf offener Straße entführt, als sie an einem Sonntagnachmittag vom Strand nach Hause ging. Der Ort der Entführung konnte schon damals auf die Gegend um die Kreuzung von Speedway und Voyage Street eingegrenzt werden. Price wohnte zusammen mit drei anderen Mädchen in der Voyage. Eine ihrer Mitbewohnerinnen war mit ihr am Strand gewesen, die zwei anderen waren in der Wohnung. Sie verschwand irgendwo zwischen diesen beiden Stellen. Sie hat dem anderen Mädchen gesagt, sie wolle nur kurz nach Hause, um dort auf die Toilette zu gehen, ist aber nie dort angekommen.«

»Sie hat ihr Handtuch und einen Walkman am Strand gelassen«, fuhr Shuler fort. »Und ihr Sonnenschutzmittel. Deshalb war klar, dass sie zurückkommen wollte. Ist sie aber nicht. Und laut den Aussagen ihrer beiden Mitbewohnerinnen, die im fraglichen Zeitraum in der Wohnung waren, ist sie auch dort nicht aufgetaucht.«

»Ihre Leiche wurde am nächsten Morgen auf den Felsen unten am Cut gefunden«, führte Dolan weiter aus. »Sie war nackt, und sie war vergewaltigt und anschließend stranguliert worden. Ihre Kleider wurden nie gefunden. Auch der Strick, mit dem sie stranguliert worden war, ist nie aufgetaucht.«

Bosch blätterte durch mehrere Klarsichthüllen mit verblassten Polaroidaufnahmen vom Tatort. Beim Anblick des Opfers konnte er nicht anders, als an seine Tochter zu denken, die mit fünfzehn noch ihr ganzes Leben vor sich hatte. Es hatte Zeiten gegeben, in denen ihn der Anblick solcher Fotos angestachelt und das Feuer in ihm entfacht hatte, das er brauchte, um vollen Einsatz zu bringen. Aber seit Maddie bei ihm lebte, fiel es ihm immer schwerer, sich Opfer anzusehen.

Es hielt ihn jedoch nicht davon ob, das Feuer zu schüren.

»Woher kommt dieDNA?«, fragte er. »Sperma?«

»Nein, entweder hat der Mörder ein Kondom benutzt, oder er hat nicht ejakuliert«, sagte Dolan. »Kein Sperma.«

»Sie stammt von einem kleinen Blutfleck«, sagte Shuler. »Er befand sich am Hals des Opfers, direkt unter dem rechten Ohr. In diesem Bereich hatte sie aber keinerlei Verletzungen. Deshalb haben sie damals angenommen, dass das Blut vom Mörder stammte, dass er sich verletzt oder vorher schon geblutet hatte. Es war nur ein kleiner Tropfen. Eigentlich mehr ein Schmierer. Sie wurde mit einem Strick stranguliert. Wenn sie von hinten erdrosselt wurde, könnte seine Hand an dieser Stelle ihres Halses gewesen sein. Und wenn er eine Verletzung an der Hand hatte …«

»Eine Übertragungsablagerung«, sagte Chu.

»Genau.«

Bosch fand das Polaroidfoto, auf dem der