: Silvia Jelincic
: Wir im besten Alter
: Edition A
: 9783990017807
: 1
: CHF 14.40
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Fu?nf Freundinnen ringen mit dem Altern und der Liebe. War das wirklich schon alles? Oder du?rfen sie mehr vom Leben fordern? Die wilde Ximena sucht nach einer Affäre, obwohl sie glu?cklich verheiratet ist. Karrierefrau Nadine ist im Beruf erfolgreich, nicht aber in ihrer Ehe. Die selbstständige Burglind sehnt sich nach der großen Liebe. Die unsichere Greta denkt ständig an Männer,nur nicht an ihren. Und die schu?chterne Lilly will endlich einen Orgasmus. Aber wird das, was sie wollen, sie auch glu?cklich machen? Liebevoll, unterhaltsam und feinfu?hlig erzählt Silvia Jelincic von den kleinen Dramen des echten Lebens abseits von Hollywood-Illusion und Netflix-Kitsch.

Dr. Silvia Jelincic, geboren 1978, studierte Wirtschaft, Deutsch und Französisch in Wien sowie Kommunikationswissenschaften in New York. Sie arbeitet als Journalistin und Buchautorin, schreibt Drehbu?cher und entwickelt Videokampagnen. Zudem betreibt sie eine Social-Media-Agentur und Diskussionsplattform. Jelincic lebt mit ihrer Familie in Niederösterreich.

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Der Freundinnen-Pakt


Weiches Ei, ein Korb mit duftenden Semmeln und zarten Croissants, Nougatcreme und Marmelade, beides hausgemacht. Dazu ein bisschen exquisites Drumherum. Ich, Oma Greta, liebte es, jeden Montag mit meinen drei besten Freundinnen imMotto am Fluss, einem schicken Café am Donaukanal, unserem Stammlokal, zu frühstücken. Heute entschied ich mich unter den Frühstücksvarianten für den »Heimathafen«, vor allem wegen des weichen, handgemachten Gebäcks. Während ich das Frühstück genoss, ging bei meinen Freundinnen die Bombe hoch.

»Was, du hattest noch nie einen Orgasmus in deiner Ehe?«, kreischte Burglind und drehte sich grinsend zu mir. »Kannst du dir das vorstellen, Greta? Eine Beziehung ohne Orgasmus? Wie armselig!« Lilly hatte eindeutig einen Fehler gemacht. Spontan hatte sie ihr Herz geöffnet, was sonst gar nicht ihre Art war. Nun fiel Burglind in ihrer lauten, rustikalen Art über sie her, wie der Mann am Nebentisch über seine Eier mit Speck.

»Oh mein Gott, noch nie?«, fuhr sie gnadenlos fort. »Wie kann das sein? Wie viele Jahre bist du jetzt mit Stefan zusammen?« Burglind strahlte. Auf ihren Schneidezähnen leuchteten knallrote Lippenstiftspuren. Burglind bekam es einfach nicht besser hin. Perfektionismus war nicht ihr Problem, dafür hatte sie von uns allen vermutlich am meisten Spaß. Und am meisten Sex.

Der Typ am Nebentisch, ein zierlicher Mann mit schmalem Gesicht, hob den Blick von seinem Tablet und sah staunend zu uns herüber. Ich lächelte verlegen. Burglind war ein Trampeltier. Sie hatte wahrscheinlich gar nicht bemerkt, wie rot die verklemmte Lilly geworden war.

Burglind war an Montagen fast immer schlecht gelaunt. Hätte sie nicht mit ihrem Chef gevögelt, hätte sie womöglich schon längst den Job gewechselt. Sie hatte noch nie gerne gearbeitet, zu Wochenbeginn schon gar nicht, und schien ihren Frust nun lautstark an Lilly auszulassen. Und am Kellner. »Bringen Sie mir noch ein Glas Sekt«, schnaubte sie ihn an. »Die Semmeln sind viel zu trocken!«

Burglind war zu Kellnern genauso unfreundlich wie zu Taxifahrern und Kassierern. Sie konnte es nicht ertragen, wenn sich nicht alles um sie drehte.

»Burglind, um Himmels Willen, sei nicht so hart zu Lilly«, kam ich meiner Freundin zu Hilfe. »Sie schüttet uns ihr Herz aus, und du trampelst auf ihr herum.«

Burglind rollte ihre rundlichen Schultern wie ein Boxer, der in den Ring steigt. »Was ist mit dir, Greta? Zu seinen besten Freundinnen darf