Julia
Aufgrund heftiger Gewitter hatte die Nachmittagsmaschine aus Hamburg via Zürich stundenlange Verspätung, und so dämmerte es bereits, als sie endlich auf dem Flughafen Amerigo Vespucci landeten. Julias Beine waren eingeschlafen vom endlosen Sitzen, sie fühlte sich erschöpft, und der korpulente Schweizer am Fensterplatz neben ihr müffelte so penetrant nach Schweiß, dass sie schon seit einer Weile nur noch flach atmete. Ihren Flug nach Florenz hatte sie sich wahrlich anders vorgestellt, und dass alle Passagiere nun wie verrückt aus der Maschine drängelten, anstatt abzuwarten, bis sie an der Reihe waren, machte es nicht besser. Doch all der aufgestaute Ärger legte sich augenblicklich, als draußen auf der Gangway warme Luft Julias Gesicht streichelte.
So roch der Süden.
Sie war in Italien angekommen.
Schon wieder halbwegs entspannt, ließ sie sich vom Bus die kurze Strecke bis zum Flughafengebäude bringen und wartete geduldig, bis schließlich ihr blauer Trolley auf dem Laufband erschien. Nun musste es nur noch mit dem vorbestellten Mietwagen klappen, kein ganz unwichtiges Detail, denn von ihrem Zielort trennten sie noch knappe hundert Kilometer. Die Toskana-Karte in ihrer Umhängetasche sah inzwischen fast aus wie Malen nach Zahlen, so vielfarbig hatte sie sich darauf ausgetobt. Eigentlich alles kein Problem, denn die Autostrada Richtung Rom führte fast geradewegs an Lucignano vorbei, aber Julia hatte es in der Vergangenheit schon fertiggebracht, sich auch auf den einfachsten Strecken zu verfahren. Daher hatte sie dieses Mal vorgesorgt, alles bunt markiert und sich die Route genau eingeprägt.
Doch was hatte diese endlose Schlange vor dem Leihwagen-Schalter zu bedeuten?
Plötzlich verstand sie. Deshalb hatten es viele der anderen Passagiere zuvor so eilig gehabt! Lauter potenzielle Kunden. Bis die alle mit fahrbaren Untersätzen versorgt waren, würde es Stunden dauern.
Ihre gute Laune sank erneut.
Sie hatte in Lucignano ein Zimmer in einer kleinen Pension gebucht. Kam sie dort erst gegen Mitternacht oder noch später an, stünde sie womöglich vor verschlossenen Türen.
Was sollte sie tun?
Vorsichtshalber dort anrufen? Seit Neuestem hatte sie ein Handy, es war griffbereit, doch leider war die Telefonnummer in den Tiefen ihres Koffers vergraben …
«Chi ha prenotato?», rief die Dame hinter dem Schalter in die wartende Menge.
Seit Julias Kindheitstagen war ihr Italienisch immer dürftiger geworden, aber hierfür reichte es gerade noch aus.
«Io», r