: Rotraut Schöberl
: Messer, Gabel, Mord Kriminell gute Geschichten aus der Küche
: Residenz Verlag
: 9783701747290
: 1
: CHF 16.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 196
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In 'Messer, Gabel, Mord' stehen gefährliche Küchengeräte und vergiftete Speisen, elegante Sterne-Restaurants und scheinbar harmlose Strandcafés auf dem Krimi-Menü. Buchhändlerin und Krimi-Queen Rotraut Schöberl hat zahlreiche Kolleg*innen eingeladen, spannende Kurzkrimis rund um Morde in der Küche zu schreiben: Denn nicht nur scharfe Messer können gefährlich werden, und wo gebrutzelt und gebraten wird, kann man sich nicht nur die Finger verbrennen. Die Schärfe von Chili und die Süße geschmolzener Schokolade verbergen nur allzu oft mörderische Zutaten - und so manche Unverträglichkeit hat schon tödlich geendet. Die erfolgreichsten Krimiautor*innen Österreichs schreiben übers Kochen und Morden: Alex Beer, Eva Damyanovic, Ellen Dunn, Herbert Dutzler, Severin Groebner, Werner Gruber, Christian Klinger, Tatjana Kruse, Gudrun Lerchbaum, Beate Maxian, Lydia Mischkulnig, Martina Parker, Theresa Prammer, Erwin Riedesser, Eva Rossmann, Wolfgang Salomon, Christian Schleifer, Christian Seiler, Rotraut Schöberl, Peter Zirbs. Und mit Lieblingsrezepten (Verträglichkeit ohne Gewähr).

Rotraut Schöberl, ist in Reichenau/Rax geboren, hat im Höllental schwimmen und in Wien schreiben und lesen gelernt. 1994 eröffneten Rotraut Schöberl und Erwin Riedesser das 'Leporello', um ihren Traum von einer Buchhandlung zu verwirklichen. Im Residenz Verlag hat sie die gesammelten Katzenkrimis 'Mord auf leisen Pfoten' (2020), die Gartenkrimis 'Radieschen von unten' (2022), die Anthologien 'Meer Morde' (2023) und 'Messer, Gabel, Mord' herausgegeben. Unter dem Namen Flores ist sie Teil des Autorenduos Flores& Santana, das die erfolgreiche Kanaren-Krimi-Reihe im Ullstein Verlag veröffentlicht.

Ellen Dunne

Amore


Etwas ist anders in der Wohnung der Murphys heute. Diese Stille. Sie lauert in den Räumen wie eine Katze. Seit das mit dem Home-Office nicht mehr notwendig ist, sind die Murphys oft nicht daheim, wenn sie am Montagvormittag zum Putzen kommt.

Als sie noch einmal lauscht, hört sie doch was. Vorne, aus der Küche. Ein leises Rauschen. Geklingel. Sie verlässt das Vorzimmer und geht in den Wohnküchenbereich, sieht sich um und findet ihren Verdacht bestätigt. Das Fenster über der Spüle ist gekippt. Es schaut direkt hinaus auf den Wurstelprater. Hinter dem matten Laub der Baumkronen taucht das Gerüst der Achterbahn auf und ab wie eine Seeschlange. Der Sky Shot katapultiert Adrenalinjunkies in den Himmel. Von Ferne rauschen die Waggons, trötet eine Signalhupe, locken Schausteller. Es ist alles, nur nicht still.

Vielleicht hat sie sich was eingebildet beim Hereinkommen.

Wunder wäre es keines. Seit zwei Wochen steckt ihr eine Verkühlung in den Nebenhöhlen. In den Ohren gluckert es manchmal noch beim Schlucken. Sogar den Geruch in der Küche registriert sie erst jetzt so richtig. Etwas Fleischiges. Lange gegart, so wie es Simon am liebsten mag. Auf dem Herd steht ein großer Topf, noch handwarm. Am Deckel hängen innen dicke Kondenswassertropfen. Karotten ragen aus der dunklen Soße, gut angebratene Fleischstücke. Ein Hauch von Thymian, Lorbeer, Wacholderbeeren steigt ihr in die Nase. Außerdem Biergeruch. Guinness. Oder schwarzes Gold, wie Simon es nennt. Vier zerknüllte Dosen liegen neben dem Kochfeld verstreut wie Schwerverletzte. Eine fünfte steht halb geleert daneben. Wahrscheinlich haben die Murphys mal wieder Heimweh. Das wird angeblich stärker mit den Jahren, hat ihr Liz vor kurzem anvertraut, und gleich wieder Tränen in den Augen gehabt. Liz ist nah am Wasser gebaut. Das wiederum hat ihr Simon anvertraut, in einem schwachen Moment. Simon hat viele schwache Momente.

Sie setzt den Deckel zurück auf den Topf, schluckt den Speichel, der sich in ihrem Mund gesammelt hat. Später.

Oder doch lieber jetzt. Sie holt eine Gabel aus der Schublade, spießt einen Fleischbrocken auf und schiebt ihn sich in den Mund, dann eine Karotte, dann noch einmal ein Stück Fleisch, tunkt es großzügig in den üppigen Saft. Sie hört sich selbst beim Kauen und Seufzen zu. Butterweich. Ein eigentümlicher, intensiver, guter Geschmack. Wild. Oder eher Lamm? Das essen doch die Irländer traditionell, oder?

Sie holt die Tupperdose aus ihrer Tasche und nimmt sich zwei Schöpflöffel voll für zu Hause. Aufgewärmt schmeckt es sicher noch besser. Bei so einem großen Topf fällt das nicht auf. Schon gar nicht Liz, so viel weiß sie inzwischen. Ein bisschen umgefülltes Duschgel hier, eine Klopapierrolle da. Nicht einmal nach den kleinen goldenen Ohrringen hat sie gefragt, die so lange unbeachtet in einer großen Muschelschale unter einem Wust anderer Ohrringe ihr Dasein gefristet haben. Liz ernährt sich außerdem eh nur von Hasenfutter.

Sie umwickelt die Tupperdose mit einem Plastiksackerl, damit es nicht riecht, verstaut sie tief in ihrer Umhängetasche, legt ihre Strickweste darüber, nur falls Liz früher nach Hause kommt und sie überrascht. So was ist ihr mal bei anderen Kunden passiert, und wenn die einmal anfangen, dich zu verdächtigen, dann schnüffeln sie d