1. KAPITEL
„Ist das da drüben nicht Sophia?“ Die Blondine deutete mit dem Champagnerglas zum anderen Ende des Raumes.
James wusste, dass er entweder das Thema wechseln oder sich schleunigst verabschieden sollte. Aber er konnte nicht anders – er sah hin.
Und da stand sie. Sophia Alexander, Partygirl und Liebling der Szene, hing am Arm eines gut aussehenden Kerls und lachte, als amüsiere sie sich blendend.
Was wahrscheinlich sogar der Fall war.
„Hmm“, antwortete James vage.
„Also ist sie nicht mehr mit dem italienischen Dressman zusammen?“
Der, mit dem sie auf der Jacht seines Vaters fotografiert worden war, keine sechs Monate, nachdem sie mit James vor dem Altar gestanden hatte? Von jeder Titelseite der Regenbogenpresse war ihm der Anblick seiner barbusigen Frau in den Armen ihres Geliebten buchstäblich ins Gesicht gesprungen.
Nach dem Italiener hatte Sophia eine Affäre mit einem spanischen Schauspieler – Liebhaber Nummer zwei auf den Scheidungspapieren. Dann mit einem brasilianischen Fußballer, eine Woche vor ihrem ersten Hochzeitstag.
„Ich habe gehört, er ist Franzose, Gourmetkoch“, fügte das blonde Gift hinzu.
Ach ja? Keine Frage, der Typ würde Sophia heute Abend mit einem opulentenAlles Gute zur Scheidung-Essen beglücken – unter anderem.
Ha. Und da hatte er geglaubt, es wäre eine gute Gelegenheit, auszugehen und seine wiedergewonnene Freiheit zu feiern. Allerdings hätte er sich denken können, dass seine Exfrau wirklich ein Fass aufmachte. Sie zeigte ihm auf ihre Art, dass sie der Ehe mit ihm keine einzige Träne nachweinte und jeden einzelnen Penny ihrer äußerst großzügigen Abfindung genießen würde.
„Wen wird sie sich als Nächstes angeln, was meinen Sie? Einen griechischen Reeder?“
Es geht wirklich diskreter, wenn sie herausfinden will, ob ich über meine Ex hinweg bin, dachte James und hatte schon eine scharfe Antwort auf der Zunge. Da entdeckte er einen Ausdruck in den Augen seines Gegenübers, der ihn stutzig machte. Nein, sie war kein normaler Gast oder nur ausgesprochen taktlos. Die Blondine war Reporterin und hinter einer Story her. Sie wusste ganz genau, was dieser Tag für James Alexander bedeutete.
Heute war das endgültige Scheidungsurteil ergangen.
James hatte gehofft, dass Sophia ihren alten Namen Carvell-Jones wieder annehmen würde. Dann würde ihn die Presse vielleicht in Ruhe lassen.
Wie naiv von ihm.
„Keine Ahnung. Es interessiert mich auch nicht“, erklärte er. „Entschuldigen Sie mich bitte, ich habe an der Bar einen alten Freund entdeckt.“
Das war gelogen, und sie wusste es genauso gut wie er. Doch sie ließ ihn ziehen, ohne ihm weitere Fragen zu stellen.
James blieb nicht mehr lange auf der Party.
Ohne Zweifel würden die einschlägigen Gazetten am nächsten Morgen auf die Tränendrüse drücken und ausführlich darüber berichten, dass der arme James Alexander ausgerechnet am Tag seiner Scheidung zusehen musste, wie seine Exfrau mit dem nächsten Lover ausgelassen feierte. Sicher überboten sich die Blätter gegenseitig in wilden Spekulationen, wer denn nun den Herzspezialisten von seinem gebrochenen Herzen heilen würde.
Sie alle täuschten sich gewaltig. Weder war James arm – trotz der unanständig hohen Abfindung –, noch litt er an gebrochenem Herzen. Seine Gefühle für Sophia waren schon vor langer Zeit erloschen. Wenn er etwas bedauerte, dann die Tatsache, dass er erst nach der Hochzeit begriffen hatte, was für ein Mensch sie war: ein verwöhntes Biest der Londoner Oberschicht, das nicht weiter dachte als bis zur nächsten Party.
Was hätte ich denn tun sollen, James? Du hast ja nie Zeit für mich. Du hast mich in seine Arme getrieben.
Das waren ihre Worte gewesen, vorwurfsvoll und mit schmollender Miene ausgesprochen, als er sie nach der Episode auf der Jacht