: Ignaz Hold
: Wer vom rechten Weg abkommt Ein München-Krimi
: ambiente krimis
: 9783945503379
: 1
: CHF 7.20
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: Spannung
: German
: 180
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein tödlicher Verkehrsunfall mit Fahrerflucht bringt das Leben der bislang gutbürgerlichen und gesetzestreuen Louise Schmidt-Felber völlig durcheinander. War es ein grausames, aber unbeabsichtigtes Unglück oder war es Mord? Diese Frage raubt der Witwe des Unfallopfers den Schlaf und lässt sie nicht zur Ruhe kommen.

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Die Post kommt seit einiger Zeit immer sehr spät, meist erst am frühen Nachmittag. Seit Joachim tot ist, bekomme ich nicht mehr sehr viele Briefe. Überwiegend Werbung, manchmal auch Rechnungen, sofern die nicht per E-Mail geschickt werden. Nur Versicherungen und das Finanzamt versenden ihre Dokumente immer noch altmodisch per Briefpost.

Heute war etwas Unerwartetes dabei. Das Bayerische Wirtschaftsministerium, genauer gesagt der Ministerialdirigent, in dessen Abteilung Joachim früher gearbeitet hat, lädt zu einem Festakt anlässlich der diesjährigen Verleihung des Bayerischen Förderpreises für innovative Start-Ups ein. Von Joachim weiß ich, dass die Ministerialräte und alle höheren Beamten der Abteilung zur Teilnahme an dieser alljährlich stattfindenden Preisverleihung verpflichtet sind. Weshalb ich eine solche Einladung erhalten habe, ist mir allerdings nicht klar. Wahrscheinlich soll damit demonstriert werden, wie sehr man sich im Ministerium auch um die Witwen und Witwer von verstorbenen Abteilungsmitgliedern kümmert – zumindest, wenn es sich um gehobenere hierarchische Positionen handelt, wie im Falle von Joachim. Er ist da immer gerne hingegangen, weil man dort viel Neues erfahren und interessante Menschen kennenlernen kann, hat er gemeint Den kulturellen Rahmen, so entnehme ich der Einladung, bildet die Ausstellung von Gemälden und Skulpturen eines aufstrebenden, jungen bayerischen Künstlers. Das könnte interessant sein! Außerdem soll es dort angeblich ein sehr leckeres Büffet geben. Zumindest früher war das so. Davon hat Joachim immer geschwärmt.

Ich beschließe, hin zu gehen. Weniger wegen der Preisverleihung – diese jungen Unternehmer und Unternehmen sind mir eigentlich egal und davon verstehe ich auch nichts. Aber die Kunstausstellung und das Büffet, die könnten mir gefallen. Vor allem, und das ist, wenn ich ehrlich zu mir bin, der eigentliche Grund: Wenn ich dort hin gehe, dann bin ich Joachim besonders nahe. Ich nehme an seiner Stelle teil, als seine Vertretung. Ich lebe quasi sein Leben. Ich weiß, das klingt verrückt, aber es berührt mich innerlich. Ich fühle, ich muss da hin!

***

Für dieses Ereignis habe ich mich in Schale geworfen und bin mit einem Taxi gekommen. Da die Schranke zum Parkplatz vor dem Ministerium für die Besucher geöffnet ist, kann der Taxler bis zum pompösen Hauptportal des Wirtschaftsministeriums vorfahren. Das Ministerium stellt schon etwas dar. Das wuchtige und ausladende Gebäude aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts erstreckt sich über einen Viertelkilometer südlich an der Prinzregentenstraße entlang. S