: Patrick Orth
: EU-Entwaldungsverordnung (EU) 2023/1115
: Fachmedien Recht und Wirtschaft
: 9783800597253
: CB - Compliance Berater Schriftenreihe
: 1
: CHF 37.80
:
: Handels-, Wirtschaftsrecht
: German
: 113
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die EU-Entwaldungsverordnung (kurz: EUDR) stellt einen Teil des EU-Green-Deals dar, der durch die EU, als Teilelement zur Zielerreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN, erlassen wurde. Konkretes Ziel der EUDR ist es, die weltweite Entwaldung zu reduzieren und damit negativen Effekten entgegenzuwirken, die die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit sich bringen. Schützenswert sind dabei insbesondere die Fähigkeit von Wäldern, den Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre zu reduzieren, sowie die Erhaltung der Biodiversität durch intakte Waldgebiete. Damit einher geht der Schutz von Rechten indigener Völker und der Menschenrechte im Allgemeinen. Um diese Ziele zu erreichen, wird das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem Markt und der Export bestimmter Rohstoffe und Produkte in bzw. aus der EU reguliert. Betroffen sind Holz, Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk und Soja und hieraus erschaffene Erzeugnisse. Ein vollständiges Verbot gilt ab dem 30.12.2024 für nicht entwaldungsfreie Produkte. Hierfür sind Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferketten-Compliance zu implementieren und anzuwenden. Die Einhaltung der Regelungen muss durch Einreichung einer Sorgfaltserklärung bestätigt werden. Im Falle von Verstößen haben Unternehmen mit verschiedenen Arten von Sanktionen zu rechnen, die neben finanziellen Auswirkungen auch die Reputation des Unternehmens beeinträchtigen können. Hierauf geht vorliegendes Werk ein und soll damit eine erste ausführlichere Einordnung der An- und Herausforderungen der EUDR an Unternehmen ermöglichen.

Patrick Orth, LL.M., MBA ist seit zehn Jahren unter anderem als Justiziar bei einem der größten Business-Medienhäuser Europas tätig. Nebenberuflich studierte er Nachhaltiges Management und berät das Unternehmen in einer Vielzahl an rechtlichen Angelegenheiten, unter anderem auch zur Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung.

1. Einleitung


Entwaldung, entwaldungsfreie Lieferkette und Geolokalisierung. Hierbei handelt es sich um Begrifflichkeiten, die bis dato keine allzu häufige Verwendung im Rahmen der Lieferketten-Compliance aufwiesen. Doch das soll sich nun ändern – zumindest für diejenigen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der EU-Entwaldungsverordnung fallen.

Mit dieser gesetzlichen Regelung auf EU-Ebene soll der durch die Wirtschaft begründete Rückgang der aus mehrerlei Gründen schützenswerten Waldbestände gestoppt werden. Tatsache ist, dass Wälder einen enormen Nutzen bringen. In ökologischer, wirtschaftlicher, aber auch sozialer Hinsicht. So ist der Wald elementarer Bestandteil für die Regulierung des CO2-Anteils in der Luft, dient er doch als Kohlenstoffsenke1 und wirkt damit dem Klimawandel entgegen.2 Das Holz des Waldes ist darüber hinaus ein wichtiges Wirtschaftsgut, auch oder insbesondere in der heutigen Zeit, wo die Nachfrage nach nachhaltigen Baustoffen spürbar steigt.3 Darüber hinaus verfügen Wälder über den größten Anteil der weltweiten Biodiversität4. Mehr als 80 % der biologischen Vielfalt findet sich dort.5

Zugleich ist jedoch festzustellen, dass die Entwaldung, wie auch die Schädigung des Waldes,6 mit enormer Geschwindigkeit voranschreiten. So wird davon ausgegangen, dass in den 30 Jahren zwischen 1990 und 2020 über 400 Millionen Hektar Wald „verloren gegangen sind“. Das entspricht ca. 10 % der nun noch verbleibenden Wälder und ist eine Fläche, die größenmäßig die Fläche der EU übertrifft.7

Neben dem Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf den Wald (etwa dürrebedingte Waldbrände, die Ausbreitung von Schädlingen aufgrund gestiegener Temperaturen etc.), ist die Nutzung der Waldflächen durch die Landwirtschaft treibender Faktor eben dieser Waldschädigungen.8 Letztere soll dabei ca. 90 % des globalen Waldverlustes verantworten.9 Im Umkehrschluss bleiben für Klimawandel und weitere Faktoren somit nur noch 10 %, was die potenzielle Hebelwirkung, die durch eine Regulierung der Entwaldung erzeugt werden kann, eindrücklich verdeutlicht.

An vorgenanntem Umfang der Entwaldung trägt die EU einen beachtlichen Anteil. In den Jahren 1990–2008 hat die EU ca. ein Drittel der mit dem Thema Entwaldung verknüpften weltweit gehandelten landwirtschaftlichen Erzeugnisse erworben und verbraucht.10 Es kann darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass sich dieser Verbrauch nicht reduziert, stattdessen weitere 248.000 Hektar Wald pro Jahr bis Ende 2030 „verloren gehen“, allein aufgrund des Konsums innerhalb der EU. Konsum umfasst an dieser Stelle die Nutzung der Rohstoffe Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Soja und Holz, die weltweit die größten Verursacher von Entwaldung sind.11

Die Herstellung dieser, die Entwaldung fördernden Rohstoffe verteilt sich in überwiegender Art und Weise auf die Länder Afrika, Südamerika, Asien, aber auch Nordamerika und Europa sind relevante Regionen für die direkte Entwaldung vor Ort.12

Bezogen auf konkrete Rohstoffe sieht die Verteilung aus wie folgt:

Südostasien: Ölpalme

Zentral- und Westafrika: Kakao und Kaffee

Südamerika: Soja und Rinder.13

Insbesondere Brasilien fällt in diesem Zusammenhang öfter auf. Allein in den Jahren 2001–2015 wurden dort acht Millionen Hektar Wald für den Anbau von Soja gerodet.14

Vor dem Hintergrund, dass die meisten dieser Rohstoffe – wie oben dargestellt – nicht in der EU angebaut oder erzeugt werden, kann an dieser Stelle auch von einer „importierten Entwaldung“ gesprochen werden. An der Verantwortung der Verbrauchenden ändert sich durch das Wort „importiert“ allerdings nichts. Diese Verantwortung ergibt sich aus der Notwendigkeit und Verpflichtung nachhaltigen Lebens auf der Erde, um diese für die nächste Generation und auch darauffolgende Generationen weiterhin bewohnbar zu halten.15

Der in diesem Zusammenhang verwendete (und allgemein anerkannte) Nachhaltigkeitsbegriff ergibt sich aus dem Modell der sog. Triple Bottom Line oder auch Drei-S