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Josephine Tey nahm die aufwendig verpackte Hutschachtel entgegen und befestigte sie mithilfe der perfekten Selfridge-Schleife am Rest ihrer Päckchen.
»Und Sie sind sich sicher, dass wir nicht liefern sollen, Madam?«, fragte die Verkäuferin nervös, als wäre die selbstständige Abreise des Hutes eine Beleidigung ihrer professionellen Standards. »Das wäre wirklich nicht die geringste Mühe.«
»Nein, danke, ich komme zurecht.« Josephine lächelte die jungen Damen hinter der Theke schuldbewusst an. »So schwer bepackt schaffe ich es in kein anderes Geschäft mehr, und das ist wahrscheinlich auch besser so. Wenn ich noch mehr in meinen Club schicken lasse, berechnen sie mir bald ein zusätzliches Zimmer.«
Voll beladen mit ihren leichtfertigen Einkäufen betrat Josephine die Rolltreppe ins Erdgeschoss. Die gemächliche Fahrt bot ihr Gelegenheit, das weitläufige, offene Kaufhaus zu bewundern, das sich so sehr von den anderen Geschäften Londons unterschied. Das gesamte Gebäude glitzerte mit dem Wissen um die Verbindung zwischen dem Blick einer Frau und ihrem Portemonnaie; selbst auf den prominent platzierten Schnäppchentischen waren die wunderschönen Kisten fein säuberlich gestapelt, und nichts wies auf ihren herabgesetzten Preis hin. Bis Dezember war es zwar noch eine Woche, doch die Mitarbeiter schmückten die Gänge bereits für die Weihnachtszeit, und der vertraute Kaufhausgeruch – weiche Teppichböden und frische Blumen – hatte einem warmen Zimtduft Platz gemacht, dem lediglich die Parfümwolke der Kosmetikabteilung etwas entgegensetzen konnte. Anscheinend funktionierte der Plan, das Fest näher wirken zu lassen, als es wirklich war: Selbst am späten Nachmittag herrschte Hochbetrieb, und Josephine kämpfte sich an den Schminktheken vorbei hinaus in den Trubel der Oxford Street.
Sie bog nach links ab Richtung Oxford Circus, folgte der langen Reihe Schaufenster bis zur Ecke Duke Street. Hinter den Scheiben drängten sich die Schaufensterpuppen, die an Salzsäulen erinnerten, auf ewig in ihren Gesten gefangen. Manche lockten neugierige Betrachter ins Innere, andere gingen ihrem imaginären Leben nach, ungeachtet der leibhaftigen Frauen, die von draußen jedes Detail genau studierten, und alle waren vor einem Hintergrund aus Licht und Farbe arrangiert, der so kunstvoll geplant war wie eine Theaterkulisse. Josephine blieb vor einer besonders beeindruckenden Schlafzimmerszene stehen. Eine umwerfende Wachsfigur in einem Nachthemd aus Crêpe de Chine trat aus einem Nest seidener Laken und Kissen. Ihr rosafarbener Fuß ruhte leicht auf dem Boden, und sie streckte die perfekt manikürte Hand nach ihrem Nachttisch aus, auf dem eine Morgenzeitung, ein Roman –Die Lady vom Lande in Amerika – und ein Tablett mit feinstem Tee-Porzellan standen. Auf ihrem Schminktisch, dem Hort weiblicher Ausschweifungen, glänzten Kristallflakons mit goldenen Stopfen. Das Bild war bestechend, doch die Botschaft, häusliches Glück stünde ein jeder zur Verfügung, die wusste, wo man einzukaufen hatte, wirkte auf manche Betrachterinnen so schmerzhaft wie auf andere verlockend. Einer ganzen Generation Frauen war die Ver