Kapitel 2
Zwei Wochen später kann ich schon das erste Projektmeeting ansetzen. Ich habe noch immer Schmerzen durch die Prellungen am Oberkörper und das Korsett zur Stabilisierung meines Rückens bringt mich um, aber das soll mich nicht aufhalten. Ich will endlich raus aus dem Krankenhausbett und mein Leben wieder aufnehmen. Auch wenn die Ärzte protestieren, unterschreibe ich den Wisch, dass ich auf eigene Gefahr hin das Krankenhaus verlasse. Tom hilft mir in den Rollstuhl und wir fahren gemeinsam in seinem Familyvan zu Mogula.
»Hast du dir das Ding gekauft, weil ihr noch mehr von deiner Sorte in die Welt setzen wollt?«
Tom zuckt mit den Schultern. »Leila ist ein Sonnenschein. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als ihr Vater zu sein, und mit der richtigen Frau ist das Familienleben eine echte Bereicherung.«
Seine Worte versetzen mir erneut einen Schlag. Die richtige Frau. Er glaubt daran, dass es sowas geben kann. Tom ist ein Träumer. Nina ist jetzt noch wundervoll. Solange er in seine Rolle passt. Vater, Liebhaber, Versorger. Aber wie würde sie reagieren, wenn er das nicht mehr könnte?
»Wir fahren in drei Monaten in den ersten Urlaub mit Leila. Ich bin so gespannt, wie sie auf das Meer reagiert. Sie liebt Wasser.« Tom plappert von seiner heilen Welt und ich starre aus dem Fenster, um den Neid abzuschütteln, der an mir hochkriecht. Ich wollte auch eine Familie mit Lisa gründen. Sie war zwar immer skeptisch gewesen, weil sie ihre Figur durch die Schwangerschaft nicht ruinieren wollte, aber wir hätten einen Weg gefunden. Ich schüttle den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Sie sind längst nicht mehr wichtig. Es wird keine Kinder mit türkisfarbenen Augen geben, die mich nach der Arbeit zuhause begrüßen. Ich habe nur noch Mogula. In dieses Baby werde ich meine Zeit und Mühen investieren, damit das Unternehmen noch mehr wachsen kann. Lange genug habe ich die Firma führungslos gelassen. Wenn ich wieder arbeiten kann, werde ich mich schneller erholen. Ich liebe meinen Job und gemeinsames Brainstorming mit meinem Team hat mich schon immer von allen Sorgen abgelenkt.
Wie falsch ich doch gelegen habe. Diese Sitzung ist ein einziges Desaster.
»Ich brauche einen Werbespot, der die Generation Z anspricht.« Ich starre Mayer, unseren Marketingexperten wütend an. »Mit rosa Plüschhasen bekommen Sie heute keine Zwanzigjährige mehr vom Sofa. Wir müssen die jungen Singlefrauen erreichen. Wenn sie einmal mit einem Waschmittel zufrieden sind, dann werden sie für den Rest ihres elenden Daseins nicht mehr wechseln. Egal, ob sie die vollgekotzten Strampler oder die Socken ihres übergewichtigen Fabrikarbeiters waschen.«
Ich rolle hinter meinem Platz an der Stirnseite hervor und halte auf Mayer zu. »Und was denken Sie, mit welchem Produkt eben dieser Fabrikarbeiter wäscht, wenn seine Frau bemerkt, dass sie sich mehr vom Leben wünscht und ihn von heute auf morgen verlässt?«
Ich hebe die Augenbrauen und warte auf eine Antwort. Aber Mayer schaut mich nur erschrocken an. Es macht keinen Sinn, weiter auf ihn einzureden. Er ist so unsicher im Umgang mit mir, dass er seinen Schneid verloren hat, genauso wie alle anderen. Selbst in der Firma versuchen sie mich in Watte zu packen. Nur kein ernstes Gespräch, keine Diskussion. Es könnte den Chef an sein Trauma erinnern. Er könnte zusammenbrechen unter der Last seines schrecklichen Schicksals. So ein Bullshit! Dabei habe ich die Streitgespräche mit Mayer immer als Höhepunkt meines Tages erlebt.