: Lea Sahay
: Das Ende des Chinesischen Traums Leben in Xi Jinpings neuem China | Inside China: Hinter den verschlossenen Türen der Weltmacht
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426449974
: 1
: CHF 19,00
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: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was passiert wirklich in China? - China-Korrespondentin Lea Sahay bietet exklusive Einblicke in Politik, Wirtschaft und den chinesischen Traum Lange schien Pekings neo-kommunistische Politik aufzugehen. Die Verbindung von Wachstum, Nationalismus und sozialer Kontrolle sah aus wie eine erfolgreiche Alternative zu westlicher Demokratie und Marktwirtschaft. Doch heute zeigt die Fassade der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt Risse: Der Tech-Boom ist vorbei, die Immobilienblase geplatzt und das Gesundheitssystem kollabiert. Lea Sahay lebt seit 16 Jahren in Peking und Shanghai. Die langjährige China-Korrespondentin gilt als top-informierte Kennerinnen des Landes. Ihr Sachbuch lässt uns hinter die Kulissen blicken und die Entwicklungen in China durch die Augen einfacher Menschen erleben: - Wie sieht das Leben in China heute aus? - Wie hat es sich in den letzten 20 Jahren verändert? - Warum folgen die Chinesen dem machthungrigen Kurs von Staatspräsident Xi Jinping? - Welche Versprechungen macht das totalitäre Regime? Ein politisches Buch, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt Lea Sahay lässt uns an den Träumen und Ängsten der Chinesen teilhaben und macht so die moderne chinesische Gesellschaft verständlich. Die Journalistin spricht zum Beispiel mit jungen Chinesinnen, die nach der Aufhebung der Ein-Kind-Politik nicht mehr nur als Mütter wahrgenommen werden wollen. Oder mit beruflichen Aufsteigern über enttäuschte Hoffnungen, den Einfluss der Staatspartei und Zukunftsängste. Und sie erzählt von persönlichen Erfahrungen im katastrophalen chinesischen Gesundheitssystem. Die einzigartige Kombination von Alltag, Wirtschaft und Politik in China liefert einen Schlüssel zum Verständnis der Supermacht am Scheideweg.

Lea Sahay lebt in Peking und ist seit 2018 China-Korrespondentin bei der Süddeutschen Zeitung. Zuvor hat die studierte Politik- und Asienwissenschaftlerin von Shanghai aus für die Wirtschaftswoche berichtet. Sahay spricht fließend Chinesisch und hat das Land aus der Innenperspektive kennengelernt, seitdem sie vor 16 Jahren das erste Mal im Rahmen eines Austauschs ins Reich der Mitte reiste.

Der rote Stern über Davos


Von einem bitterarmen Land entwickelte sich China in nur30 Jahren nicht nur zum größten Kaviar-Produzenten der Welt, sondern auch zu einer Gesellschaft, in der sich mehr Menschen als in irgendeinem anderen Land leisten konnten, Kaviar zu konsumieren.2019 überholte China dieUSA als Land mit den meisten reichen Menschen,2020 brachte die Region Großchina, zu der auch Taiwan und Hongkong zählen, gemäß der Reichenliste des ShanghaierHurun-Magazins dreimal so viele neue Milliardäre hervor wie der westliche Konkurrent. Chinas Parteikader agierten in diesen Jahren wie im Rausch. Das Gefühl von Überlegenheit wurde immer größer und war durch internationale Entwicklungen befeuert worden. So etwa von einem Ereignis auf der anderen Seite der Erdkugel: der Wahl von Donald Trump zumUS-Präsidenten, der den Amerikanern Glanz und Größe versprach, aber gleichzeitig eine Isolationspolitik ankündigte.

Unter dem Titel »Der Anti-Trump« begrüßten Zeitungen der westlichen Welt wie dieWashington Post Chinas Präsidenten Xi Jinping, der wenige Tage vor Trumps Vereidigung im Januar2017 nach Davos reiste. Ausgerechnet der Chef einer Kommunistischen Partei plädierte vor der Weltgemeinschaft für Globalisierung und freie Märkte. Xi, in blauem Anzug, weinroter Krawatte und ewig sanftem Lächeln, wirkte wie Gegengift zum Unheil, das der Weltwirtschaft aus RichtungUSA drohte.

Mehr als Wunschdenken war das freilich nicht. Zu Hause schottete Peking die chinesischen Unternehmen gegen die ausländische Konkurrenz ab, Konzerne wurden zu Partnerschaften mit chinesischen Firmen gezwungen, die eine Mehrheitsbeteiligung hielten, zu Technologietransfer oder der Verpflichtung für weitere Investitionen. In Industrien wie der Medienbranche, der Landwirtschaft und dem Finanzsektor waren ausländische Investitionen limitiert oder vollständig verboten. Doch der Schock, den Trumps Politik bei westlichen Bossen auslöste, saß tief, sie ließen sich gerne täuschen.

»Der Osten steigt auf, der Westen steigt ab«, lautete das Mantra, das Parteichef Xi verkündete. Zehn Jahre zuvor hatten er und seine Mächtigen zugesehen, wie New Yorker Banker mit Kartons unter dem Arm aus der Investmentbank Lehman Brothers gelaufen waren. Für Peking war die internationale Finanzkrise aus mehreren Gründen Schock und Zäsur. Chinas Wirtschaftswunder war zu einem großen Teil durch die globale Konjunktur befeuert worden, nun taumelte sie in Richtung Abgrund. Die Partei hatte alles auf das westliche Wirtschaftsmodell gesetzt, das auf einmal wankte. Ein Kurswechsel musste her.

Anstatt sich weiter in Richtung einer freien Marktwirtschaft zu entwickeln, forcierte die Führungsriege einen anderen Weg: Die alten Instrumente des sozialistischen Staatskapitalismus wurden ausgepackt, auf Kosten von Kleinunternehmen, die bankrottgingen, sprangen Staatsunternehmen ein. China sollte sich wieder auf sich selbst verlassen, eigene Nachfrage und damit Wachstum schaffen.

DieKP warf die Gelddruckmaschinen an und setzte ein Investitionsprogramm auf, wie es das in der Weltwirtschaft noch nicht gegeben hatte: Umgerechnet460 Milliarden Euro sollten ein beruhigendes Signal an Investoren und das Volk senden. Was mit dem Geld konkret passieren sollte, war hingegen überhaupt nicht klar. Lokalregierungen sollten innerhalb von zwei Wochen Ideen einreichen. Es gab keine Prüfung, wie sinnvoll die jeweiligen Pläne waren, was sie für die Umwelt bedeuten würden. Am Ende hatte Peking eine Liste mit einem Volumen, das mehr als sechs Mal so groß war wie das Konjunkturprogramm.

Es war ein Freifahrtschein für Lokalregierungen zum Schuldenmach