Ich, Libby Anders, bin ein Grinch. Woran man das merkt? Ich liebe es, jede freie Minute der Vorweihnachtszeit im Labor zu verbringen, während alle anderen Geschenke kaufen und miese Romcoms inhalieren. Auch jetzt ist die Stille der sonst belebten Forschungseinrichtung ein Segen. Das einzige Geräusch, das ich wahrnehme, ist das Quietschen meiner Sneaker auf dem grauen Linoleumboden des Laborflurs. Zumindest bis ausgerechnet Connor Riley, der gerade mit einem3-D-Drucker hantiert, durch die geöffnete Glastür eines Raumes zu mir aufsieht. Lange habe ich geglaubt, mein Collegejob als Maskottchen eines Hotdogladens wäre der Tiefpunkt in meinem Leben gewesen. Doch da kannte ich Mr Sexiest Chemist Alive noch nicht. Seitdem ich mit ihm arbeiten muss, fühlt sich jeder Tag nach dem graphisch dargestellten Minimum einer Funktionsgleichung an. Woran das liegt? Nun, er tut auf charmant, nur um einem am Ende einen mit Informationen gefüllten Besserwisser-Dolch in den Rücken zu rammen.
»Falls du den Drucker verwenden willst, der ist besetzt. Geh dir doch einen Kaffee holen. Ich sag Bescheid, wenn ich durch bin.«
Ich beuge mich zur Seite, um einen Blick an ihm vorbei auf den Druck zu werfen, doch ich erkenne nichts. »Nein danke. Zu viel Koffein schadet dem Herzen«, antworte ich gewollt beiläufig.
»Ich wünschte, ich wäre so vernünftig wie du, aber ich bin süchtig«, erwidert Connor seufzend und zieht meine Aufmerksamkeit damit wieder auf sich.
Ich versuche, die Augen nicht über seine vermutlich einzige Schwäche zu verdrehen, aber es gelingt mir nicht. »Oh, ich denke, darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es kann schließlich nichts beschädigt werden, was gar nicht existiert.« Mit Sicherheit könnte er mich dafür feuern lassen, aber das würde er nicht tun. Dafür genießt er unsere Schlagabtausche einen Hauch zu sehr. Zu meinem Bedauern geht es mir ähnlich. Ein Rivale kann so erfrischend motivierend sein.
»Wahrscheinlich hast du recht, denn wenn ich ein Herz hätte, wäre ich jetzt sicher gekränkt.«
Ich hebe eine Augenbraue. »Seit wann kannst du denn Selbstironie?«
»Schön, dass es dir auffällt. Ich habe letzte Woche einen Kurs besucht, damit ich es in Zukunft besser mit dir aufnehmen kann.«
»Ach, wirklich? Das wäre dann sicher die erste wirklich beeindruckende Leistung in deinem Lebenslauf«, antworte ich ironisch, wohl wissend um seinen Caltech-Abschluss.
Connor lehnt sich an die Glastür vor dem3-D-Drucker, wobei das Lächeln auf seinen schmalen Lippen von Sekunde zu Sekunde breiter wird. »Da bin ich sicher. Du solltest in Erwägung ziehen, den Kurs auch zu besuchen, dann sind deine Konter in Zukunft vielleicht weniger vorhersehbar.«
Unsere Blicke kreuzen sich einen Moment zu lange, weshalb ich mein Sichtfeld nach unten verlagere. Weg von den huskyblauen Augen und der naturrotenGQ-Männermodel-Frisur. Böser Fehler. Denn jetzt sehe ich sein Stockfoto-Gesicht zwar nicht mehr, dafür aber den Stockfoto-Oberkörper, der unter seinem weißen Laborkittel ein grünes Hemd trägt. Ich hasse mich dafür, dass ich mir für den Bruchteil eines Augenblickes vorstelle, er würde es aufknöpfen und ausziehen. Jeder, der einem gegen Nervosität dazu rät, sich Menschen nackt vorzustellen, ist ein verdammter Sadist.
»Ist alles in Ordnung, Libby?« Automatisch schwingt mein Blick zurück nach oben. Er sieht mich nicht besorgt an, sondern so, als wüsste er genau, was mir gerade durch den Kopf geht.
»Klar, abgesehen davon, dass ich hier mit di…« Wie durch ein Wunder ertönt, gerade als ich etwas furchtbar Dummes sagen will, mein Klingelton. Ich versuche, ihn zu ignorieren, doch Connor lässt mich nicht. Er lehnt sich vor und zieht mein Smartphone aus dem Laborkittel. Ich rechne damit, dass er auflegt, doch stattdessen nimmt er den Anruf an. Mein Körper verfällt in eine opossumähnliche Schockstarre.
»Hallo, hier ist Connor. Libby kann gerade nicht ans Telefon kommen. Kann ich etwas ausrichten?« Ich überlege, ihm das Telefon aus der Hand zu reißen, doch ich kann mich nicht bewegen. »Oh, interessant. Eine Tausend-Dollar-Wette darüber, ob Libby Single ist?« Sein Mundwinkel zuckt amüsiert. »Oh nein, sie wird nicht allein kommen. Gerade eben erst hat sie mich gefragt, ob ich sie Weihnachten begleite. Ich freue mich darauf, die Famil