: Alfred Pfoser, Béla Rásky, Hermann Schlösser
: Maskeraden Eine Kulturgeschichte des Austrofaschismus
: Residenz Verlag
: 9783701747214
: 1
: CHF 24.50
:
: Geschichte
: German
: 432
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine spannende Kulturgeschichte Österreichs in den sich verfinsternden Jahren 1933-1938. Nach der Ausschaltung des österreichischen Parlaments im März 1933 ging es Schlag auf Schlag. In Engelbert Dollfuß' Traumgebilde des 'autoritären, christlichen Ständestaates' wurde ein politisch inkonsequenter Schlingerkurs eingeschlagen, der folglich im 'Anschluss' an das nationalsozialistische Deutschland mündete. Doch wie sah das Alltags- und Kulturleben zwischen 1933 und 1938 aus? Inmitten von Prozessionen der katholischen Kirche, Operettenseligkeit sowie Sport- und Technikbegeisterung glänzten die liberale Hochkultur und intellektuelle Mahner. Doch künstlerische Freiräume wurden immer mehr eingeschränkt, Rückzugsgebiete der Zivilgesellschaft eliminiert. Die Kulturgeschichte der Jahre 1933 bis 1938 stellt in einem breiten Panorama dar, wie das scheinbar Widersprüchliche zusammenpasste.

Alfred Pfoser geboren 1952 in Wels. Studium der Germanistik, Geschichte und Publizistik in Salzburg. 1998-2007 Leiter der Büchereien Wien, 2007-2016 Leiter der Druckschriftensamm­lung und stv. Direktor der Wienbibliothek. Zahlreiche Publikationen zur öster­reichischen Kultur­ und Literaturgeschichte. Zuletzt erschienen: 'Die erste Stunde Null' (2018, mit Andreas Weigl) sowie 'Otto Wagner - Meine angebete­te Louise' (2019, hrsg. mit Andreas Nierhaus) und 'Die Zerstörung der Demokratie und der Februar 1934' (2023, hrsg. mit Bernhard Hachleitner, Katharina Prager und Werner Michael Schwarz). Béla Rásky geboren 1957, Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Von 2010-2020 Geschäftsführer des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocauststudien. Mitarbeit an zeithistorischen Projekten, Ausstellungen und Publikationen, zahlreiche Übersetzungen aus dem Ungarischen. Hermann Schlösser geboren 1953, ist Literaturwissenschaftler, Hochschullehrer und Journalist. Er studierte Germanistik und Anglistik. Von 1989 bis 1997 arbeitete er als freier Journalist, u. a. für das Literaturmagazin 'Lesezirkel', das vierteljährlich von der 'Wiener Zeitung' herausgegeben wurde. Zuletzt war er für die Feuilletonbeilage 'extra' der 'Wiener Zeitung' tätig. Zahlreiche Publikationen zur Literatur des 20. Jahrhunderts.

Einleitung


Maskerade – so hieß der Film mit Paula Wessely in der Hauptrolle, der im Jahr 1934 der österreichischen Kinoindustrie einen internationalen Sensationserfolg verschaffte.Maskeraden – so nennen wir auch unsere Kulturgeschichte des Austrofaschismus, die sich mit den Verkleidungen und Drapierungen des repressiven österreichischen Polizeistaates zwischen 1933 und 1938 befasst. Den Maskeraden fiel in allen faschistischen Diktaturen eine tragende Rolle zu: Die Macht zeigte sich in theatralischen Auftritten, die Propaganda inszenierte kollektive Mythen und ›vaterländische‹ Erinnerungen. Auch der Austrofaschismus bediente sich mit mehr oder weniger Geschick der demonstrativen Pracht- und Machtentfaltung. Sie sollte die fehlende Unterstützung in der Bevölkerung wettmachen und die Exklusion von der politischen Teilhabe verschleiern. Zu den Stützen, auf die der Austrofaschismus dabei setzte, gehörten ›die Religion, die Geschichte‹ und vor allem ›die Kultur‹, die im Mittelpunkt dieses Buches steht. Ein Meisterstück der Theatralität war der Deutsche Katholikentag im September 1933, bei dem Engelbert Dollfuß, kostümiert in der Uniform des Tiroler Kaiserjägers, den ›christlich-autoritären Ständestaat‹ ankündigte und das Ende des Parlamentarismus ausrief.

Die Kirche – traditionell ein Machtfaktor in der festlichen Ausgestaltung des Lebens – beteiligte sich willig an der Neuordnung, weil sie sich mehr Einfluss auf das Leben der Gläubigen und ein Ende der republikanischen Säkularisierung versprach. Gemeinsame Auftritte von Dollfuß und Kardinal Innitzer erweckten den Eindruck einer Verschmelzung von Regierung und Kirche. Wallfahrten wurden zu Staatsaktionen und beschworen das göttliche Einverständnis mit dem politischen Projekt.

Auch ein erheblicher Teil des bürgerlichen Kulturlebens fügte sich in den politischen Rahmen des Dollfuß/Schuschnigg-Regimes ein. Der Wiener Film und der bürgerlich-städtische Theaterbetrieb waren gerade zu der Zeit, als Dollfuß nach und nach in die Rolle des autoritären Führers schlüpfte, von einer mächtigen Strömung der Habsburg-Nostalgie befallen. Das ließ sich instrumentalisieren. Hubert Marischka, der bekannte Regisseur von Operetten und Revuen, reklamierte gar im Programmheft des MilitärspektakelsO du mein Österreich für sich, dass seine Form des Theaters der Politik den Weg gewiesen habe. Das Absingen der Kaiserhymne und die Wiederbelebung der alten Uniformen sei zuerst auf der Bühne passiert: »Nicht ich gehe mit der Konjunktur, sondern das Werk, das ich auf die Bühne stelle, soll dem zum vaterländischen Geist erwachsenen österreichischen Bewußtsein die weitere Konjunktur erleichtern.«

Im Unte