SUB-Buh und die Regale ungelesener Bücher
Kristina Schreiber
Ich klicke auf ›Speichern‹ und schließe den Editor der Website, in dem ich meinen Artikel zum Thema ›Sieben SUB-Geständnisse‹ geschrieben habe. Darin geht es um meinen mittlerweile zu großen Stapel ungelesener Bücher und dass er mich manchmal belastet. Der Beitrag wird morgen auf meinem Blog online gehen. Eine geschlagene Stunde habe ich daran gesessen und ihn mehrmals überarbeitet, bis ich zufrieden war.
Ich stehe von meinem Schreibtisch auf und drehe mich zu eben jenen Bücherregalen um, die ich in meinem Blogartikel beschrieben habe. Sie bedecken beinahe meine gesamte Wandseite. Ich liebe das braune Holz und für den richtigen Bibliothekslook gibt es sogar eine Leiter, auf der man bis hoch zum obersten Regalbrett kommt.
Besonders stolz bin ich auf all die Schätze, die sich darin tummeln. All meine gelesenen und ungelesenen Bücher. Sie stehen getrennt voneinander, damit ich stets den Überblick behalte: gelesene auf der linken und ungelesene auf der rechten Seite. Kleiner Spoiler: Die ungelesenen überwiegen.
Vor einer Weile habe ich mich aufgerafft und all meine Schätze in eine App eingetragen. Die niederschmetternde Erkenntnis: Sage und schreibe 517 ungelesene Bücher! Die mich gerade alle vorwurfsvoll anzustarren scheinen. Mein SUB besteht wohl eher aus mehreren RUBs: Regalen ungelesener Bücher. Die ich, nebenbei erwähnt, mal wieder sortieren, dekorieren und vor allem abstauben sollte. Allein beim Anblick juckt meine Nase.
Ich gehe die Regalreihen entlang, lasse meine Finger über die Buchrücken wandern und flüstere: »Keine Sorge, bald seid ihr an der Reihe.«
Aber die Wahrheit ist: Ich habe keine Ahnung, wann das sein wird. Nur, das brauchen meine Büchlein ja nicht zu wissen, oder?
»Das glaubst du doch wohl selbst nicht!«, ertönt plötzlich eine Stimme in meiner Nähe.
Ich zucke zusammen und sehe mich im Raum um.
Aber da ist niemand.
Was zur Hölle …?! Sprechen meine Bücher jetzt schon mit mir? Ist es echt so weit gekommen?
»Hier oben, du Blindfisch!« Da! Die Stimme ist schon wieder ganz deutlich zu hören! Ich sehe hoch und erstarre.
In einem der Regale, direkt auf einem Stapel Bücher, die ich noch nicht geschafft habe, einzusortieren, sitzt … ein Geist?
Erschrocken springe ich zurück. Mein rechter Fuß rutscht auf einem neu gekauften Buch aus und ich greife verzweifelt nach einem Halt. Doch das Regalbrett, das ich zu fassen bekomme, bricht unter der zusätzlichen Last zusammen und fällt mit mir zu Boden. Begraben unter meinen Hardcovern (die sich wirklich hart anfühlen), kann ich gerade noch die Hände über den Kopf reißen, um die fallenden Bücher abzuwehren, die der Schwerkraft folgen. Autsch!
Ich schließe die Augen und lasse mich nach hinten sinken, fühle wie die Ecken und Kanten der Bücher sich in meine Haut bohren und überlege, ob ich nicht einfach für immer hier liegen bleiben sollte.
Die Zeitungen werden titeln: ›Bloggerin vom eigenen SUB erschlagen.‹ Ich hätte es wohl nicht anders verdient.
Irgendwann höre ich, wie jemand ein paar der Bücher zur Seite räumt und die mysteriöse Stimme von vorhin, die fragt: »Alles okay?«<