»Die westliche Metaphysik ist Quelle und Ursprung jedes Kolonialismus.«
Eduardo Viveiros de Castro7
Im Frühsommer 2018 stellte ein Ethik-Lehrer an einem Berliner Gymnasium eine knifflige Aufgabe. Die schriftliche Hausarbeit kam am Ende eines Lernblocks, in dem sich die Schüler mit einer zentralen Idee der Aufklärung beschäftigt hatten: dem Gesellschaftsvertrag. Der englische Philosoph Thomas Hobbes hatte seine Gedanken dazu 1651 in seinem BuchLeviathan formuliert, das immer noch zu den wichtigsten Werken der politischen Philosophie zählt.8 Es ist die Gründungsurkunde der modernen Auffassung, wie Menschen zusammenleben sollen – mit ihresgleichen, mit den anderen Wesen, mit der Natur.
Der Titel, den Hobbes gewählt hat, ist der Name eines mythologischen Ungeheuers. Es steht sinnbildlich für die rohe Natur, die ihre Kinder frisst, »rot an Zahn und Klaue«9, triebgesteuert, grausam – wenn wir Menschen dieses Ungeheuer nicht durch Regeln, die wir mit Vernunft und Klugheit ersinnen, in die Schranken weisen. Auch das ursprüngliche menschliche Zusammenleben, so Hobbes, folgt diesem Diktat der Gewalt. Das ist in seinen Augen der »Naturz