: John Maynard Keynes
: Krieg und Frieden Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrags von Versailles
: Berenberg Verlag GmbH
: 9783949203886
: 1
: CHF 14.30
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: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit seinem Buch über die Folgen des Ersten Weltkriegs für Europa wurde John Maynard Keynes über Nacht ein berühm­ter Mann. Niemand hat prophetischer analysiert, warum der Ver­trag von Versailles einen neuen Krieg und bis heute schwelende ­politische Konflikte aus­lösen konnte. Keynes' glänzend geschriebene Polemik, von Joachim Kalka neu übersetzt, enthält die Darstellung der nie wieder erlangten Höhe von Europas Reichtum vor 1914 und den Ausblick auf die wenig hoffnungsvolle ­Nachkriegszeit. Kein anderer hat so anschaulich und mit analytischem Spott beschrieben, wie 1919 der Frieden verspielt und Europa unabsehbarer Schaden zugefügt wurde. »Die sprichwörtliche Rede, wonach es leicht sei, einen Krieg zu beginnen, aber schwierig, einen ­gerechten Frieden zu stiften, bewahrheitet sich an wenigen Friedensschlüssen so wie am Versailler Friedensvertrag vom 28. Juni 1919. Seit fast hundert Jahren ist Keynes' Kommentar dazu von ungebrochener Aktualität.« Rudolf Walther, Süddeutsche Zeitung »Keynes ist nicht nur ein grandioser Ökonom und ein spannender Zeitzeuge gewesen, sondern auch ein großartiger Schriftsteller.« Caspar Dohmen, Deutschlandfunk

John Maynard Keynes, geboren 1883, gestorben 1946, gilt als der überragende Wirtschaftswissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Seine ­Kritik des Versailler Friedensvertrags machte ihn 1920 mit einem Schlag berühmt. Mit seinen Schriften zu Inflation und Geldwertpolitik wurde er einer der Väter des modernen Weltwährungssystems. Joachim Kalka, geboren 1948, lebt als Autor, Kritiker und Übersetzer in Leipzig. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verlieh ihm für sein Übersetzungswerk den Johann-Heinrich-Voß-Preis und ­wählte ihn 1997 zum Mitglied. Bei Berenberg erschienen zahlreiche seiner Essaybände und Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen.

II. EUROPA VOR DEM KRIEG


Vor 1870 hatten sich bereits verschiedene Teile des kleinen europäischen Kontinents auf bestimmte Produkte spezialisiert, doch versorgten sich die Staaten Europas insgesamt weitgehend selbst. Und die Bevölkerungszahl verhielt sich dieser Sachlage entsprechend.

Nach 1870 entwickelte sich in großem Maßstab eine ganz neue Lage; der wirtschaftliche Zustand Europas wurde während des nächsten halben Jahrhunderts instabil und eigenartig. Der Einfluss der wachsenden Bevölkerung auf die Lebensmittelerzeugung, schon zuvor durch die Verfügbarkeit von Importen aus Amerika weitgehend ausgeglichen, kehrte sich zum ersten Mal in der Geschichte tendenziell um. Die Bevölkerungszahl wuchs immer mehr, und doch war es gleichzeitig leichter geworden, Nahrung für alle zu beschaffen. In der Landwirtschaft – nicht nur in der Industrie – führte eine erweiterte Produktion zu proportional höheren Erträgen. Mit dem Anwachsen der europäischen Bevölkerung gab es einerseits mehr Auswanderer, welche den Boden neuer Länder bestellten, andererseits standen in Europa mehr Arbeitskräfte zur Verfügung, um die Industrieerzeugnisse und Investitionsgüter zu produzieren, mit welchen die Auswandererbevölkerung in ihrer neuen Heimat versorgt wurde, und die Eisenbahnen und Schiffe zu bauen, welche Nahrungsmittel und Rohstoffe aus entlegenen Gebieten nach Europa holten. Bis etwa 1900 besaß eine bestimmte fixe Einheit industrieller Arbeitskraft Jahr um Jahr eine höhere Kaufkraft für Nahrungsmittel. Möglicherweise begann dieser Prozess sich um 1900 umzukehren; das Quantum dessen, was man für mens