: Wolf Awert
: Weltenwende Drachenblut 12
: Machandel Verlag
: 9783959591799
: Drachenblut
: 1
: CHF 2.20
:
: Fantasy
: German
: 200
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Welt ist im Umbruch, die Zukunft hängt in der Schwebe. Aber wie immer diese Zukunft aussehen wird, eines darf auf keinen Fall passieren: Dass die Geister und die Toten unter der Leitung des mächtiges Geistes Vye die Welt der Lebenden erobern. Können Tama und ihre Verbündeten jenen Anstoss geben, den die Zukunft der Lebenden braucht? Sind die Kinder der Drachentöchter stark genug, einer ganzen Welt zu helfen? Und was ist mit den Drachen? Werden sie mitspielen, eine Zukunft zu retten, die nicht die Ihre ist? Mit diesem Band ist die Serie abgeschlossen. Der Hintergrund der Geschichte: Unerwartet tauchen auf der Welt Halva Gestaltwandler auf. Dem Aussehen nach wilde Tiere, doch mit Vernunft gesegnet und der entsetzlichen Fähigkeit, biologische Grenzen zu durchbrechen und sich mit anderen Arten fortzupflanzen. Bereits ihre bloße Gegenwart bringt in den anderen vernunftbegabten Arten, den Drachen, Elfen und Menschen, die finstersten Seiten zum Vorschein. Die Elfen versuchen deshalb, die Gestaltwandler und ihre Mischlings-Nachkommen einzufangen und wegzusperren, doch der Keim des Zerfalls breitet sich unaufhaltsam aus. Unter den Elfen droht ein Bürgerkrieg, die Menschen dringen in den Siedlungsraum der Elfen ein und die Drachen scheinen unschöne Geheimnisse zu haben. Am Ende beginnt sogar Halva, sich selbst zu zerstören. In dieser Welt macht sich die Viertelelfe Tamalone auf, ihre Ziehmutter wiederzufinden und die Rätsel ihrer Herkunft zu lösen. Niemand rechnet mit dem, was ihre Suche auslösen wird - sie selbst am wenigsten.

Ab wann Wolf Awert anfing, Geschichten zu schreiben, ist nicht überliefert. Erfunden und erzählt hat er sie, ab dem Zeitpunkt, an dem seine Erinnerung einsetzte. Vielleicht auch früher. Weggefährten berichten, dass er oft auf dem Weg zur Schule in ständige Selbstgespräche vertieft war. Später studierte er Geographie, Biologie, Geologie, Bodenkunde, Meterologie und Ethnologie, nicht alles mit Abschluss, und arbeitete danach als Umweltwissenschaftler an der Universität. Er schrieb wissenschaftliche Publikationen, Sachbücher und Lehrbücher, erfand Denkwerkzeuge und baute ein System für ein Ideenmanagement auf. Seine Berufstätigkeit führte ihn in viele Teile der Welt, wo er mehr als nur Konferenzsäle besuchte. In China bekam er 1980 zum ersten Mal Kontakt mit dem Qi Gong und Tai Chi Quan, das er heute ehrenamtlich lehrt. Für Fantasygeschichten sind es ideale Voraussetzungen, wenn man Waffen wie Schwert, Säbel, Lanze, Langstock und Fächer aus der eigenen Erfahrung kennt. Katana und Jo (Kurzstock) kamen aus dem Aikido dazu, Florett, Degen und Sportsäbel sorgten bereits zu Studentenzeiten für die Fitness. Heute führt Wolf Awert das geruhsame Leben eines Pensionär in der Eifel und schreibt nur noch Belletristik.


Argenton


Willja schmiegte sich an Argenton und flüsterte ihm Zärtlichkeiten ins Ohr.

„Du weißt, dass nur du mich vor Animachron beschützen kannst. Ich habe ihm gegenüber gelogen. Ich habe behauptet, ich wäre schwanger. Irgendwann wird er merken, dass das nicht stimmt. Dann kann es hässlich werden. Aber was dir bei Seele des Ausgleichs gelungen ist, müsste dir doch auch bei mir gelingen. Oder findest du, dass ich zu hässlich für dich bin?“

Argenton versicherte ihr, dass sie alles andere als hässlich sei, und dass sie … Plötzlich fuhr er hoch. „Hast du das gehört?“

„Was soll ich gehört haben?“, fragte Willja verärgert. 

„Ich wurde gerufen. Jemand hat nach mir gerufen. Hast du es …“

„Da war nichts, das war …“

Wusch.

Argenton war verschwunden, bevor Willja sagen konnte, mit welchem Buchstaben das Wort Artefakt anfing.

Argenton hatte den Ort nicht suchen müssen, von welchem der Ruf kam. Aber dass er sich in der Schwärze des dunklen Viertels wiederfand, überraschte ihn doch. Der plötzliche Wechsel vom Licht ins Dunkle ließ ihn für einige Augenblicke blind und orientierungslos sein, aber dann sah er die beiden Geister. Sie kümmerten sich nicht um ihn, sondern trugen einen Hügel ab, der aus … Woraus bestand der Hügel? Egal, der Hügel war es nicht, der gerufen hatte. Jetzt erst entdeckte er die formlose Masse einer hingestreckten Gestalt. Ein Drache.

„Du kommst zu spät, Mensch“, sagte der Ledermann. „Manche lernen es nie. Dass Waldelfen sich für unüberwindlich halten, kann ich ja noch verstehen, aber dass es auch einen Drachen zu uns trieb, das ist das erste Mal.“

Argenton hörte nur mit halbem Ohr zu. Er warf sich auf den leblosen Körper, umarmte ihn, krallte sich in den Schuppen fest und sprang mit ihm aus dem Dunkel heraus. Seine Kraft reichte nur für ein paar Schritte. Ihm wurde schwindlig, die Schwärze fand Platz in seinen Augen, nahm ihm von den Rändern herkommend die Sicht.

Argenton sprang erneut. Er landete vor den Hufen eines Ochsen, der überrascht zur Seite drängte und dabei einen zweiten Ochsen anrempelte. 

Er sprang ein drittes Mal. Die Dunkelheit, die ihn nun umhüllte, hatte wenig mit Magie zu tun. Sein Körper verweigerte ihm jeden weiteren Dienst. Argenton versank in einer heilenden Ohnmacht …

… und erwachte aus einem Traum, als die Sonne bereits ein beträchtliches Stück weitergewandert war. Die Augen hielt er geschlossen, genoss den sanften Druck der Arme, den Duft weicher Haut und die Berührung süßer Lippen.

„Mein Liebster“, sagte eine Stimme, die er aus tausend anderen heraus wiedererkannt hätte. „Es ist mir etwas peinlich, dass du mich in meiner Drachenform hast sehen müssen, aber ich war ein wenig behindert und konnte meine Menschenform nicht mehr halten. Auch war ich etwas wirr im Kopf und hilflos mit dem, was ich dachte. Du musst mir das verzeihen.“

„Ich kam noch rechtzeitig?“

„Kamst du. Ich hätte sogar noch leicht einen weiteren Atemzug oder auch deren zwei durchgehalten.“

„Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist, Geliebte. Aber wie bist du in die Dunkelheit hineingeraten?“

„Wie wohl? Ich bin hineingesprungen. Ich hatte eine Waldelfe dabei ertappt, wie sie Leichenbündel in die Dunkelheit warf und wollt ihr eine Lektion erteilen. Habe sie mir gegriffen und bin mit ihr hineingesprungen.“

„Eine Waldelfe habe ich dort nicht gesehen.“

„Wahrscheinlich haben die Geister sie als erste beseitigt.“

„Ich erinnere mich. Einer der Geister sprach von Waldelfen.“

„Meinst du, dass du die Leichen aus dem Dunkel wieder ins Licht bringen kannst?“

„Sie sind nicht so schwer wie du, es sollte mir also gelingen. Ich befürchte nur, dass die Geister etwas dagegen haben könnten.“

„Versuche es. Es ist wichtig.“

Argenton begab sich erneut in die Dunkelheit.

„Halt!“, rief er. „Hört auf mit dem, was ihr gerade tut! Die toten Körper müssen zurück ins Licht!“

Der Geist mit Hut und langem Mantel fing an zu lachen. „Das fällt dir ja früh ein. Von welchen Körpern sprichst du? Schau dich um. Was in die Dunkelheit fällt, bleibt hier nicht lange. Und keineswegs kehrt es ins Licht zurück, es sei denn, es beherrscht die Magie der Dunkelheit.“

„Was habt ihr mit den Leichen gemacht?“

„Wir haben sie dem Dunkel zugeführt – oder uns. Was auf dasselbe hinausläuft. Dass du uns den Drachen entführt hast, nehme ich dir übel. Drachenknochen mögen nicht unsere Magie enthalten, aber an Substanz sind sie nicht zu übertreffen. Es war dumm von dir, ihn zurück ins Licht zu bringen. Jetzt liegt er irgendwo draußen herum mit nichts als Wahnsinn im Kopf. Glaub mir, er wird nie mehr gesunden. Und du, komm nicht auf die Idee, mich herumzukommandieren. Dazu fehlt es dir an Macht. Du darfst auch nicht glauben, dass du mir weglaufen kannst. Ich kann auch in die Welt der Lebenden hineingreifen. Das hat schon einmal eine Waldelfe