: Friedrich Weyland
: Die Finanzierung von Rechtsverfolgungskosten für Zivilprozesse
: Fachmedien Recht und Wirtschaft
: 9783800595433
: Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Wirtschaftsrecht
: 1
: CHF 79.20
:
: Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht
: German
: 276
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Rechtsschutz ist nicht kostenlos zu haben. Sowohl die Inanspruchnahme von Gerichten als auch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt verursacht Kosten. In der Regel hat die unterliegende Partei diese Kosten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen. Möchte ein Kläger seine Rechte vor Gericht verfolgen und kann oder will sich er sich Vorschüsse oder im Misserfolgsfall die Kosten des Rechtsstreits aus eigener Tasche nicht leisten, muss er sich mit der Frage auseinandersetzen, ob er sich den Rechtsstreit fremdfinanzieren lassen kann. Früher stand Klägern dafür vor allem die Prozesskostenhilfe, das Darlehen oder die Rechtsschutzversicherung zur Verfügung. Seither hat sich nicht nur die gewerbliche Prozessfinanzierung in Deutschland etabliert, sondern das Legal-Tech-Masseninkasso als neues Rechtsdurchsetzungsmodell hat den Gesetzgeber veranlasst, das Erfolgshonorarverbot weiter zu lockern und im gleichen Atemzug die anwaltliche Prozessfinanzierung als neues Finanzierungsmodell einzuführen. Das Werk geht den Fragen nach, die sich rund um die Finanzierung von Zivilprozessen und damit um die Inanspruchnahme dieser Finanzierungsmodelle stellen. Dabei werden insbesondere die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die Voraussetzungen und Wirkungen der Finanzierungsmodelle sowie ihr Verhältnis zueinander, die Erstattung von Finanzierungskosten und Situationen, in denen ein besonderes Bedürfnis nach einer Fremdfinanzierung besteht, untersucht.

Friedrich Weyland ist seit 2022 Rechtsanwalt bei Gleiss Lutz und berät Mandanten in internationalen Handels- und Investitionsschiedsverfahren, grenzüberschreitenden Streitigkeiten und Transaktionen sowie nationalen Schiedsverfahren und Gerichtsverfahren. Sein Studium absolvierte er an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.

III. Gebührenerhebung und Anwaltszwang bei bedürftigen Parteien


1.Verfassungsrechtliche Herleitung der Prozesskostenhilfe

a)Ansichten zur verfassungsrechtlichen Herleitung

Dieselben Erwägungen tragen aber nicht für bedürftige Parteien. Anders als wohlhabende Parteien können sich bedürftige Parteien Anwalts- und Gerichtskosten nicht leisten, weil sie ohne eine Finanzierungshilfe die Zugangshürde in Gestalt der Gerichts- und Anwaltskosten nicht überwinden können. Daher besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG eine verfassungsrechtliche Pflicht, eine staatliche Finanzierungshilfe für Bedürftige vorzuhalten.29 Das leitete das BVerfG früher30 aus dem Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz her.31 In neuerer Rechtsprechung stellt das BVerfG zur Herleitung der Prozesskostenhilfe überwiegend auf den Justizgewährungsanspruch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz32 ab. Teilweise finden sich noch Entscheidungen, in denen sowohl das Sozialstaatsprinzip als auch der Justizgewährungsanspruch erwähnt werden.33

Im Wesentlichen wird die Prozesskostenhilfe in der Rechtsprechung also aus dem Rechtsstaatsprinzip in Ausprägung des allgemeinen34 Justizgewährungsanspruchs und dem Sozialstaatsprinzip, jeweils in Verbindung mit dem Gleichheitssatz, abgeleitet. Ebenso wird in der Literatur insbesondere35 auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG),36 das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG)37 und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Ausprägung des Justizgewährungsanspruchs abgestellt.38 Streit besteht aber darüber, ob neben dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch auch das Sozialstaatsprinzip für die verfassungsrechtliche Herleitung der Prozesskostenhilfe herangezogen werden kann, oder die Prozesskostenhilfe ausschließlich über den Justizgewährungsanspruch und den allgemeinen Gleichheitssatz herzuleiten ist.39

b)Streitentscheid
aa)Relevanz des Meinungsstreits für diese Arbeit

Der Streit ist deswegen relevant, weil es deutlich leichter fällt, die Prozesskostenhilfe abzulehnen, wenn man sie über das Sozialstaatsprinzip auch als staatliche Fürsorgeleistung charakterisiert und diese Eigenschaft (über) betont. Bei staatlichen Fürsorgeleistungen hat der Gesetzgeber einen weiten politischen Gestaltungsspielraum, der eine besondere Rücksicht auf die Haushaltslage zulässt.40 Mit Verweis auf die Haushaltslage kann dann argumentiert werden, dass die Prozesskostenhilfe nur subsidiär in Anspruch genommen werden darf.41 Versteht man die Prozesskostenhilfe demgegenüber als Teil der staatlichen Justizgewährungspflicht und damit als Teil der Rechtsschutzgewährung, müssen besondere Rechtfertigungsgründe vorliegen, wenn die Prozesskostenhilfe im Einzelfall abgelehnt werden soll. Ein Verweis auf die Haushaltslage genügt nicht. Je nachdem, ob man die sozialstaatlichen oder die rechtsstaatlichen Elemente der Prozesskostenhilfe betont, lassen sich demnach im Einzelfall unterschiedliche Ergebnisse erzielen.42 Der Streit ist daher insbesondere für das vierte Kapitel dieser Arbeit relevant, in dem das Verhältnis der Prozesskostenhilfe gegenüber anderen Finanzierungsmodellen untersucht wird.

Die Prozesskostenhilfe ist als Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen ausgestaltet.43 Das zeigen beispielsweise die zahlreichen Verweise auf das Sozialgesetzbuch in § 115 ZPO. Aus der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Prozesskostenhilfe lassen sich jedoch keine Erkenntnisse zu ihrer verfassungsrechtlichen Herleitung gewinnen.

bb)Herleitung aus dem Justizgewährungsanspruch in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

Für die Herleitung der Prozesskostenhilfe aus dem Justizgewährungsanspruch in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz wurde bei der Frage, ob der Gesetzgeber für die Inanspruchnahme von Gerichten eine Vorschusspfl