: Martina Schäfer
: Große Damen, große Steine
: Machandel Verlag
: 9783959593793
: 1
: CHF 3.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 324
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Johanna Schmid möchte nur das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Eine Besichtigung archäologischer Stätten in Frankreich für die Planung ihrer nächsten Exkursion und gemeinsame Wohnmobil-Ferien mit ihrer englischen Freundin Scarlett. Doch was entspannte, genüssliche und manchmal auch lehrreiche Zweisamkeit werden sollte, wird unversehens durch reisende Esoterik-Damen, gestohlene Museumsschätze und einen verschwundenen Archäologen zu einem Ereignis ganz anderer Art. Interessant, findet Scarlett. Doch denken das auch die französischen Gendarmen?

Über die Autorin Martina Schäfer 1952 wurde ich in Düsseldorf geboren, um dort auch zur Schule zu gehen und dann das Abitur mit Bestnoten in Deutsch, Biologie und Geschichte zu vollenden. Zum Schrecken meiner Vormundstante studierte ich solch angeblich brotlose Künste wie Literatur- Musik- und Theaterwissenschaft in Düsseldorf, Frankfurt, München und Bremen. Lies mich aber dann doch dazu erweichen, ein anständiges Staatsexamen in Heil- und Sonderpädagogik, sowie den Diplompädagogen in Frankfurt abzuschliessen um dann wacker im Jahre Tschernobyl in Bremen zu promovieren. Hernach hatte ich das Gefühl, ich hätte wirklich noch nichts Richtiges gelernt, obwohl ich als selbstständige Trainerin und Coach für Kampfsport und Empowerment nicht am Hungertuch nagte und stürzte mich in das Studium der Ur- und Frühgeschichte in Köln, um als Magistra derselben wieder aufzutauchen, mit der Krone meines Bildungsganges, einem Master of Theology auf dem Haupt, in der Schweiz weiter zu schwimmen. Entsprechend diesem Lebenslauf als poeta docta füllte ich viele Seiten mit belletristischen aber auch fachwissenschaftlichen Texten, die teilweise in unendlichen Ordnerreihen auf dem Dachboden dahin vegetieren, teilweise sich in unergründlichen Tiefen meines Computers aufhalten und nach dem Tageslicht der Veröffentlichung gieren, teilweise tatsächlich an die Oberfläche eines allgemeineren Bewusstseins gelangten teilweise als Fachliteratur zur Gewaltprävention und interreligiöser Kommunikation, teilweise als schillernde Fischlein aus Fantasy- und Kriminalroman.


Sonnenhochstand am Tag der Grablegung vor ungefähr 6000 Jahren


Sorban richtete den Heiligen Speer neben sich auf und ließ seinen Blick schweigend über den Strand, die umliegenden Dünen und die Menschenmenge streifen, welche das Lange Grab mit der neu angebauten Kammer umstanden. 

Unten, vor dem Eingang zum Langen Grab, hatten die Träger die Bahre mit dem Toten am Fuße des Menhirs abgesetzt. Es waren die edelsten, tapfersten und klügsten Männer seines und des Toten Clans, schnelle, geschickte Fischer, starke, unverwüstliche Jäger, geduldige Austernsammler, sonnenverbrannte Bauern mit schwieligen Händen und Väter oder Brüder der Axtschlägerinnen, die drüben, auf der Insel der Meabhan, die heiligen Geräte aus den groben Rohstücken schlugen, die von weit her aus dem Inland angeliefert wurden.

Sorban hatte sich so aufgestellt, dass sein Speer, der Menhir am Fuße des Hügels vor dem Eingang zur Kammer und die ferne Einkerbung zwischen den Brüsten der heiligen Insel in einer Linie lagen, Drohung und Ehrfurcht zugleich, Angriff oder Schutz. 

Doch der Himmel war trübe und grau, die Sonne verhüllte sich angesichts des Schrecklichen, das geschehen war, das Meer kabbelte ungeduldig und nagte am Strand. Er musste den richtigen Zeitpunkt des Höchststandes der Sonne auf anderem Wege erkennen, den Moment, da der Schatten des Menhirs den Eingang in die Unterwelt kennzeichnen würde. Denn da war kein Schatten, nur trübe, graue Luft, als trauerten selbst die Großen Kräfte um Soltans frühen Tod.

Hinter den Trägern standen die Bewohner der Dünen-Siedlung, deren kleine Dächer kaum über die Bodenwellen herausragten. Große Körbe gefüllt mit allem Reichtum umgaben die Bahre seines Mutterbruders (*3): Helles Getreide, dunkel geräucherte Fleischstücke, Krüge, überschäumend vom Met in kleinen, feuchten Lachen, als wütete selbst dieses Getränk, das Vergessen bescherte, gegen die Ungeheuerlichkeit dessen, was wohl drüben auf der Heiligen Insel geschehen war, tropfende Körbe voller Austern und eine kleine Schale mit den Perlen, die sie hin und wieder in den Muscheln fanden, dem wahren Reichtum der Austernfischer und somit auch seines Clans.

Abordnungen aus anderen Siedlungen und Stammesgebieten waren herübergekommen. Sie legten Fellbündel, Decken, kunstvolle Geräte, die seltenen, kleinen Grünsteindolche von weit her aus dem Süden und Töpferwaren am Fuße des neben dem Grabeingangs stehenden Menhirs ab, Tontöpfe voller Linsen und Bohnen, Vorratsgefäße, die zum Aufhängen in Netze gewickelt waren und in denen sich getrocknetes Obst befand, das eher landeinwärts wuchs: Pflaumen und Äpfel, von fleißigen Händen gesammelte Haselnüsse und Eicheln aus den höher gelegenen Nachbargebieten, Säcke mit Emmer und Einkorn, bauchige Gefäße mit vergorener Gerste und gestocktem Rinderblut.

Nun fehlten nur noch die heiligen Äxte aus Feuerstein, manche so groß und schwer, dass sie kaum mit einer Hand angehoben werden konnten, manche klein und filigran, eingefügt in Arm- und Halsketten, in Diademe der Großen Kräfte, die sie alle umgaben.

Sorban wandte den Blick von all der Fülle ab und schaute über das unruhige Meer, auf dem sich jetzt neun Coracles näherten. Im vordersten stand SIE, hoch aufgerichtet, mit wehendem Haar, dahinter die anderen Boote, tief liegend, schwankend in der unruhigen See, beladen mit den Zeichen der Großen Kraft aus der Tiefe, die nun mal in den Frauen schlummerte und ihnen Macht verlieh.

Auch die Äxte würden mit dem Toten in die Tiefe des Grabes gegeben werden in der Hoffnung, dass er, wie alle Toten, einst wieder geboren würde aus dem Schoss der Erde, verwandelt, verjüngt, das Rad des Lebens weiter zu treiben.

Und sich zu rächen!

Sorban presste die Lippen aufeinander, dann hob er kurz entschlossen den Speer: „Halt!“ Er blickte vom Grabhügel den kleinen Steilhang hinunter, der Wind trug seine Stimme über den Strand und über die See: „Halt!“

Erstaunt sahen die Menschen zu ihm hinauf und er meinte selbst aus der Entfernung zu sehen, wie ein höhnisches Lächeln über IHR Gesicht glitt.

„Was wagst du kleiner Clanführer?“

Die Menschen bewegten sich unruhig, als sie diese offensichtliche Herabsetzung ihres Anführers vernahmen. Doch Sorban zuckte nur mit den Schultern. Die Meabhan, die Herrin über die Heilige Insel der Äxte, war nun mal mehr, als alle