1. KAPITEL
„Wo sind die anderen geblieben?“ Gene Webber legte einige Unterlagen auf den brusthohen Tresen vor dem Stationszimmer und schaute sich in der fast unheimlich leeren Notaufnahme um.
Megan Erickson blickte von dem Blatt in ihrer Hand auf und lächelte den sechsundzwanzigjährigen Sanitäter an, mit dem sie schon einige Jahre zusammenarbeitete. „Wenn hier nichts los ist, verdrücken sie sich meistens.“
„Nun, wenn du Dr. Taylor siehst, sag ihm bitte, wir hätten die Ergebnisse, die er haben wollte.“
„Gern. Weißt du, wo er ist?“
Gene schüttelte den Kopf. „Nachdem Dr. Fleming kam, sind beide verschwunden.“
„Dwight ist hier?“, fragte sie, überrascht, dass er nicht einmal die Zeit gefunden hatte, wie üblich kurz Hallo zu sagen.
Gene zuckte mit den Schultern. „Er kam vor fünf, zehn Minuten herein und erkundigte sich nach dir. Du warst gerade bei Mrs. Johnson.“
„Weit können sie eigentlich nicht sein. Hat Dwight irgendeine Nachricht hinterlassen?“
„Nicht, dass ich wüsste. Aber ich kann mal nachfragen, wenn du möchtest.“
„Spar dir die Mühe. Ich sehe ihn bestimmt später.“ Sie lächelte. „Sehr wahrscheinlich holt er sich Tipps für seine Reise nach Mexiko.“ In den letzten sechs Monaten hatte Dwight immer wieder davon gesprochen, für einen Monat als Missionsarzt nach Mexiko zu fahren, und in zwei Wochen war es nun so weit. Sie freute sich für ihn, aber sie würde sich lieber Gedanken um Ehe und die Zusammenlegung zweier Haushalte machen. Nach dem Tod ihres Bruders und seiner Frau hatte sie deren Kinder Angela und Trevor zu sich genommen und ihre eigenen Pläne erst einmal zurückgestellt. Nun aber wollte sie sie in die Tat umsetzen, so schnell wie möglich.
„War Dr. Taylor schon einmal in Mexiko?“
„Wo ist der Mann noch nicht gewesen?“, meinte sie ironisch. Dr. Jonas Taylor war so bodenständig wie Löwenzahnsamen. Seit vier Wochen machte er hier Vertretung für einen Kollegen, der unbezahlten Urlaub genommen hatte, weil seine Frau schwer krank war, und würde noch drei Monate bleiben. Danach wäre Stanton ein weiterer Punkt auf seiner bereits beeindruckenden Referenzliste.
Trotz oder vielleicht sogar wegen seiner vielen verschiedenen Erfahrungen war er ein hoch qualifizierter Notfallmediziner. Einen besseren hätte sie sich nicht wünschen können. In jeder Situation behielt er einen klaren Kopf.
Und zudem war er der attraktivste Mann, den sie kannte – abgesehen von denen in Modezeitschriften.
Neben ihm wirkte Dwight, blond und ebenfalls gut aussehend, eher farblos.
Jason Taylor, mit seinen dunklen, militärisch kurz geschnittenen Haaren, vermittelte auf den ersten Blick Strenge. Doch ein schelmisches Zwinkern in den nachtblauen Augen und das humorvolle Lächeln milderten diesen Eindruck. Die sonnengebräunte Haut verriet, dass der Mann sich gern in freier Natur aufhielt.
Er war groß und schlank, was erstaunlich war angesichts der Mengen Essen, die er in sich hineinschaufeln konnte. Gerüchten zufolge gab es kaum eine Sportart, die er nicht beherrschte – hervorragend, wie Megan vermutete.
Jonas Taylor war eindeutig der tollste Mann in der Notaufnahme, seit die Pilgerväter das Krankenhaus gegründet hatten.
„Stimmt. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich ein Viertel von dem gesehen hätte, was er gesehen hat“, bekannte Gene.
„Ich auch … aber wofür sollte er sein Geld auch sonst ausgeben?“
Gene seufzte. „So gut möchte ich es haben.“
„Ja, aber vergiss nicht … das Gras auf der anderen Seite des Zauns erscheint einem immer grüner.“
„Aber nur, weil er sich Kunstdünger leisten kann …“
Megan lachte. „Kop