2 Das Skills Lab als kompetenzorientiertes Lehr-/Lernarrangement: eine theoretische Verortung simulationsbasierten Lernens
Dr. Tim C. Herzig
2.1 Hintergrund
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Die Parallelität von Berufstätigkeit und Qualifizierung in den Gesundheitsberufen setzt Lehr-/Lernarrangements voraus, die eine enge Verknüpfung von Lerninhalten einerseits und Lernformen andererseits realisieren können14. Gemäß den Vorgaben der Berufsgesetze und der Anpassung von Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen wird eine curriculare Gestaltung und Weiterentwicklung der Studiengänge gefordert, die neben den theoretischen Inhalten auch die fachpraktischen und praktischen Inhalte (u. a. im Skills Lab und unter Einsatz von Simulationspersonen) berücksichtigt. So muss sichergestellt werden, „dass die Studierenden in den Bachelor-Studiengängen eine fundierte praktische Ausbildung erhalten, um auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Chancen zu haben wie die Absolventen von Fachschulen“15. Sie sollen in Forschungs- sowie Entwicklungsprojekte eingebunden werden, die der Anforderung gerecht werden, akademisches Wissen mit Erfahrungs- und Alltagswissen zu verknüpfen16. Dabei blieb bis zuletzt jedoch unklar, inwieweit diese Erwartungen an das simulationsbasierte Lernen sowie das Skills-Lab-Konzept gestellt werden können17.
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Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Bedeutung eben jenes akademischen Qualifikations- und Kompetenzprofils sowie die daraus resultierenden Konsequenzen hinsichtlich einer kompetenzorientierten Lehr-/Lerngestaltung am Standort Hochschule. Vor dem Hintergrund der Anpassung von Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sowie eines zunehmenden Aufbaus von Skills Labs in den Bildungseinrichtungen werden die theoretischen und konzeptionellen Zugänge zum simulationsbasierten Lernen aufgezeigt. Diese theoretische Fundierung ist relevant für die Legitimation der hochschulischen Bildungsprozesse im Skills Lab, die Kompetenzanbahnung des zukünftigen Gesundheitspersonals mit dem Ziel der bestmöglichen Patient*innen- und Klient*innenversorgung und die Legitimation der hochschulischen Ausbildung in den Gesundheitsberufen allgemein. Der Beitrag schließt mit Implikationen für die Lehrpraxis sowie einem Fazit.
2.2 Zum Verständnis des Konstrukts „Kompetenz“ als normative Zielvorstellung
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Empfehlungen zur Lehrgestaltung und -didaktik der Skills- und Simulationslehre (s. Kapitel 1.2) lassen bereits erkennen, dass in der Ausbildung der Gesundheitsberufe unterschiedliche Kompetenzdimensionen adressiert werden. Hierbei ist zu beachten, dass das „Konstrukt ‚Kompetenz‘ […] in Bezug auf seinen Bedeutungsgehalt […] unterschiedlich aufgefasst und definiert [wird, d. Autor]. Im Kern geht es […] um die Fähigkeiten und Dispositionen zur Bewältigung kontextspezifischer Anforderungen“18. Ein konkretes Verständnis ist jedoch vom theoretischen und disziplinären Zugang sowie dem Anwendungskontext, auf den sich die Kompetenzen beziehen, abhängig zu machen.
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Wird von einem breiten sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Verständnis ausgegangen, dann weist der Kompetenzbegriff, zunächst unterschiedliche Dimensionen auf. Diese umfassen sowohl die Zuständigkeit (die normative Komponente, bei der reflektiert wird, wer, warum, welche Disposition erwerben und nutzen soll), die Fähigkeit (die minder stabile psychische Disposition, die Handeln möglich macht) als auch die Bereitschaft (die motivationalen und volitionalen Aspekte der kontext- und situationsspezifischen Nutzung und Umsetzung dieser Fähigkeiten von Kompetenz)19.
„Kompetenz zeigt sich im situativen Bewältigen von Anforderungen (in der ‚Performanz‘ des Handelns), wird aber als Disposition interpretiert. Dementsprechend ist Kompetenz kontextualisiert und spezifisch, aber auf Transfer und Verallgemeinerung angelegt. Kompetenz bezieht sich sowohl auf Handlungsvollzüge als auch auf die ihnen zugrundeliegenden mentalen Prozesse und Kapazitäten, zu denen Kognition, Motivation und Volition bzw. Wissen und Können gehören.“20
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Soziologische und organisationstheoretische Kompetenzauffassungen und -definitionen stellen hingegen die bereits aufgeführte Dimension der Zuständigkeit in den Vordergrund und adressieren die soziale Dimension von Kompetenz. So erläutert Pfadenhauer (2010), dass der Kompetenzbegriff neben den Dimensionen der Fähigkeit bzw. Befähigung und Bereitschaft insbesondere auch die Dimension der Zuständigkeit sowie die Verfügbarkeit über Mittel, um entsprechende Zuständigkeiten umzusetzen, beinhaltet21. Dieses Kompetenzverständnis spielt dahingehend eine Rolle, als es die Verantwortung hinsichtlich bestimm