: Michael Connelly
: Cops und Killer Wahre Fälle aus L.A.
: Kampa Verlag
: 9783311704881
: True Crime
: 1
: CHF 13.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Seine ersten Berührungspunkte mit dem Verbrechen hatte Michael Connelly schon als Jugendlicher: Mit sechzehn Jahren beobachtet er einen Mann bei dem Versuch, seine Waffe verschwinden zu lassen. Wie er später erfährt, hatte er gerade einen brutalen Raubüberfall begangen. Connelly sagt als Zeuge aus, doch der Fall bleibt ungelöst. Ein Erlebnis, das seine Faszination für Kriminalfälle und Polizeiarbeit weckt. Einige Jahre später beginnt er, als Journalist über diese Themen zu berichten, zunächst für die South Florida Sun Sentinel, später für die Los Angeles Times. In den hier versammelten Reportagen aus den 80er- und 90er-Jahren beleuchtet der Autor Verbrechen von allen Seiten: Er begleitet Ermittler*innen, verfolgt Gerichtsprozesse, spricht mit Mördern und mit Hinterbliebenen. Michael Connelly erzählt von arroganten Mafiabossen, von Betrügern, deren Doppelleben nach Jahrzehnten auffliegt, und von Tätern, die einfach spurlos verschwinden. Mal unterhaltsam, mal informativ, mal kritisch berichtet er von tollpatschigen Möchtegern-Auftragskillern, von der zerstörerischen Macht der Drogen, von Hass und Habgier und von hitzigen Debatten um Polizeigewalt. Außerdem erzählt Connelly, wie die Begegnungen aus dieser Zeit seine fiktionalen Figuren inspiriert und ihn zu dem Krimiautor gemacht haben, der er heute ist.

Michael Connelly ist mit über 89 Millionen verkauften Büchern in 45 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene?e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller. Connelly lebt in Kalifornien und in Florida.

Die Detectives beobachten


Vorwort

Momente. Einzelne Momente entscheiden alles. Ich beobachte Detectives seit über dreißig Jahren. Angefangen hat alles mit einem einzigen Moment. Die besten Dinge, die ich gesehen, in meine Vorstellungskraft aufgenommen und dann in meine Romane eingepflanzt habe, kamen mir in Momenten. Manchmal plagt mich die Frage nach dem Was-wäre-wenn. Was wäre, wenn ich an diesem Abend, als ich sechzehn war, nicht aus meinem Autofenster geschaut hätte? Was wäre, wenn ich den Detective nicht seine Brille hätte abnehmen sehen? Was wäre, wenn ich erst einen Tag später zum ersten Mal nach L.A. gefahren oder nicht ans Telefon gegangen wäre, als mein Redakteur anrief und mich den Hügel hinaufschickte, damit ich einen Mord recherchiere?

Lassen Sie es mich erklären. Lassen Sie mich von einigen dieser Momente erzählen.

Als ich sechzehn Jahre alt war, arbeitete ich in Fort Lauderdale, Florida, nachts als Tellerwäscher im Restaurant eines Strandhotels. Das Lokal hatte lange geöffnet, und die Töpfe und Pfannen, die den ganzen Tag zum Kochen verwendet wurden, mussten eingeweicht und geschrubbt werden. Oft wurde ich mit meiner Arbeit erst sehr spät fertig.

Eines Nachts fuhr ich mit meinem Beetle von der Arbeit nach Hause. Die Straßen waren fast völlig verlassen. An einer roten Ampel hielt ich an. Ich war müde und wollte nur noch nach Hause. An der Kreuzung standen keine anderen Autos, und es näherten sich auch keine. Ich wollte bei Rot über die Kreuzung fahren und hielt Ausschau nach einem Polizeiauto. Als ich nach links schaute, nahm ich auf dem Bürgersteig eine Bewegung wahr.

Ein rennender Mann. Er rannte, so schnell er konnte, zum Strand, in die Richtung, aus der ich gerade kam. Er war groß und kräftig, hatte einen Bart und schulterlanges buschiges Haar. Ein Jogger war er nicht. Entweder rannte er auf etwas zu oder von etwas weg. Er trug Jeans, ein Holzfällerhemd und Stiefel, keine Laufschuhe. Statt auf die Ampel zu achten, beobachtete ich jetzt den Mann. Er zog im Laufen sein Hemd aus, sodass darunter ein bedrucktes T-Shirt zum Vorschein kam. Er schlang das Hemd um etwas, das er in der Hand hielt. Ohne langsamer zu werden, warf er das Hemd in die Hecke neben dem Bürgersteig und rannte weiter.

Als die Ampel auf Grün schaltete, wendete ich. Der Mann war ein paar Straßen vor mir. Ich folgte ihm langsam und beobachtete ihn. Ich sah, wie er sich in den Eingang einer Bar namens The Parrot drückte. Die Bar kannte ich. Nicht, weil ich jemals drin gewesen war – dafür war ich zu jung. Ich kannte sie deshalb, weil ich oft eine Reihe von Motorrädern davor hatte stehen sehen. Ich hatte große Kerle dort reingehen sehen. Es war eine Kneipe, die mir nicht geheuer war.

Ich fuhr am Parrot vorbei, wendete erneut und hielt bei der Hecke an. Ich schaute mich um, dann stieg ich rasch aus. Ich tastete in der Hecke nach dem Bündel. Es fühlte sich schwer an. Ich öffnete es. In das Hemd war eine Pistole eingewickelt.

Angst und Adrenalin schossen durch meinen Körper. Ich schlug die Pistole hastig wieder in das Hemd ein und steckte alles in die Hecke zurück. Dann lief ich zu meinem Beetle und fuhr weg.

An einer Telefonzelle hielt ich, rief meinen Vater an und erzählte ihm alles. Er sagte, ich solle ihn abholen. Wir würden die Polizei verständigen und zu der Hecke zurückfahren.

Fünfzehn Minuten später warteten mein Vater und ich an der Hecke, und zwei Polizeiautos kamen mit Blaulicht angefahren. Ich erzählte den Polizisten, was ich gesehen und was ich getan hatte. Ich führte sie zu der Pistole. Sie sagten, in der Nähe habe es einen Raubüberfall gegeben. Jemand hatte dem Opfer in den Kopf geschossen. Meine Beschreibung des Mannes höre sich ganz nach dem Kerl an, den sie suchten.

Die nächsten vier Stunden verbrachte ich im Detective Bureau. Ich wurde von mehreren Detectives immer wieder vernommen, insbesondere von einem, der etwas mürrisch Strenges hatte. Er sagte, das Opfer würde vielleicht nicht überleben. Dann wäre ich möglicherweise der einzige Zeuge. Aufgrund meiner Beschreibung waren mehrere Männer mit langen Haaren, Bärten und bedruckten T-Shirts aus dem