2. KapitelDie Methode
I.Der kriminalistische Zyklus
1.Grundsätzliche Überlegungen
Es wurde immer wieder versucht, allgemeingültige Modelle zur Lösung der kriminalistischen Aufgabe zu entwickeln. Es ging dabei vor allem darum, die für eine Straftat vorhandenen Beweise möglichst umfassend zu erheben, um zu einem guten Gesamtbild zu kommen.Horst Clages schlug dazu 1983 einen Plan zur Beurteilung der Lage vor, der 108 Gliederungspunkte umfasste;Holger Roll legte 1999 ein kriminalistisches Konzept vor, das mit 19 Gliederungspunkten auskam.Thomas Gundlach entwickelte 2003 dieWabenanalyse, die er in Band 4 der Schriftenreihe derDeutschen Gesellschaft für Kriminalistik (DGfK) 2013 detailliert beschrieben hat.[1] Die Wabe besteht aus den sechs Elementen Verdachtslage, Allgemeine Beurteilung, Tatsituation, Fahndungssituation, Beweissituation und Ermittlungskonzeption. Jede Zelle dieser Wabe ist wiederum in sechs Unterwaben gegliedert. DieVerdachtslage beinhaltet die Gefahrensituation, Ereignisversionen, Ablaufhypothesen, Motivhypothesen, die Frage „Cui bono?“ und den Aspekt Täter. DieAllgemeine Beurteilung behandelt die Rechtslage, Einsatzsituation, Personal, Sachressourcen, Medien und die Öffentlichkeit. DieTatsituation besteht aus den Elementen Tatort, Tatzeit, Tatmittel, Modus Operandi, Tatbeute und Opfer. DieFahndungssituation gliedert sich in Personen, Zeit, Raum, Sachen, Vermögenswerte und Ziel. DieBeweissituation betrachtet die vorhandenen Spuren, zu erwartende Spuren, fingierte und Trugspuren, Zeugen und Geschädigte, das Geständnis und den Aspekt Beweiswert. Schließlich bildet dieErmittlungskonzeption mit den Elementen Sofortmaßnahmen, Anschlussermittlungen, Ermittlungsziele, Ermittlungsmaßnahmen, ermittlungsbegleitende Maßnahmen und Controlling den Abschluss. In jeder Wabe werden überwiegend Fragen gestellt sowie vorhandene Informationen analysiert, die dann (recht) zuverlässig in Antworten (insbesondere Maßnahmen) münden, die in der letzten Wabe ihren Niederschlag finden. Die Methode, sich der Lösung durch Fragen zu nähern, ist ein in vielen Disziplinen effektiver Ansatz. Wir kennen dies bspw. aus dem Personal- und Fachcoaching. Auch die Verteidigung konzentriert sich auf die wenigen „wesentlichen Fragen", wenn es darum geht, die Strategie im Strafverfahren zu bestimmen.
Solche Modelle wollen also vor allem beschreiben, welche Daten erhoben werden müssen, um bei genügender Datenlage dann erkennen zu können, wie sich eine Straftat abgespielt hat, wer der Täter ist und was es braucht, um ihn rechtgenüglich zu verurteilen. Natürlich umfassen die meisten dieser Modelle auch eine Anleitung darüber, in welcher taktischen Reihenfolge die Beweiserhebung abgewickelt werden soll.Thomas Hansjakob hat kritisiert, dass das Prozesshafte beim Vorgang der Lösung einer kriminalistischen Aufgabe in diesen Modellen aber generell zu wenig berücksichtigt wird. Sie würden den Kriminalisten dazu verleiten, sich auf die Abklärung der zahlreichen in diesen Modellen enthaltenden Elemente zu stürzen, ohn