Meine blonden Locken versperren mir die Sicht. Konzentriert schiele ich auf den Boden zu meinen Füßen, weil immer wieder Hindernisse auftauchen. Und das, während ich Trompete spiele und im Gleichschritt mit den anderen der Blaskapelle voranschreite. Alles soll im Einklang sein, Ton und Marsch. Gar nicht so einfach, wenn direkt vor einem eine Kutsche mit zwei Haflingerponys fährt, die ständig kacken müssen.
Ich mache einen Ausfallschritt, um nicht direkt in die Pferdeäpfel zu treten, und verreiße meinen Ton. Julian, der direkt neben mir trompetet, tut dasselbe, weil er lachen muss.
Wir sind ein Superteam geworden. Gemeinsam laufen wir regelmäßig zu Höchstformen auf oder verkacken es. Total toll! Unser Lehrer für die dunklen Künste, pardon, für den Musikunterricht ist begeistert, weil er sich nie entscheiden kann, wer von uns sein Lieblingsschüler ist. Und Julian und ich rätseln regelmäßig darüber, wer später näher an unser absolutes IdolLouis Armstrong herankommen wird – den besten Jazz-Trompeter ever!
Wir trompeten uns in Rage. Hinter uns ertönen die Klarinetten und die Trommler. Ich schiele zu Julian, er zwinkert mir zu. Die Leute an der Straße jubeln, Bonbons regnen auf alle nieder. Sie werden von der Kutsche aus geworfen und ich bekomme eines an den Kopf. Verdammt! Die könnten echt besser zielen.
Schon krass, dass ich bereits über ein Jahr hier auf dem Land wohne. Mich sogar richtig eingelebt habe und mich gerade mitten im Highlight des Jahres befinde. Das Sommerfest mit seiner Bläserformation. Nichts kommt an dieses Event heran, haben sie alle gesagt. Als Trompeter des Ensembles bekommt man obendrein viel Anerkennung und so viel Eis, wie man will, habe ich gehört. Ich muss zugeben, dass diese Information maßgeblich dazu beigetragen hat, mich dafür zu entscheiden, überhaupt mitzumachen. Auch wenn Tara meinte, man sei automatisch uncool, wenn man das tut. Man wäre somit kein ernst zu nehmender Musiker mehr, falls man sich dazu herablässt, auf Dorffesten die erste Trompete zu spielen. Aber was weiß sie schon? Wahrscheinlich sagt sie das nur, weil sie ihr Klavier so schlecht vor sich hertragen kann. Sie mag keine Blasinstrumente, hat sie betont, und manchmal fühle ich mich dadurch beinahe beleidigt.
Wir wechseln den Song, spielen nun etwas Modernes. Sias LiedChandelier und die begeisterten Leute am Straßenrand gehen richtig ab. Was auch abgeht, sind die Haflinger vor uns. Sie rennen plötzlich los, rammen fast den Anhänger eines kleinen Traktors und machen sich auf den Weg nach Hause. Hui!
Ich fand es gleich