Fotografie: Stillleben, Rainfarn in einem Dreiliterglas
Das ist das letzte. Das letzte, auf dem man ihren Körper sieht. Was meinst du, wieso fotografiert man Tote? Wieso hebt man diese Fotos auf, in einem Stapel von Fotos, die Säuglinge, Familienfeste und Szenen des täglichen Lebens zeigen? Um den Menschen so in Erinnerung zu behalten? Um nicht zu vergessen, dass er wirklich gestorben ist, in einen Sarg gelegt wurde, seine Hände auf der Brust überkreuzt wurden, sein Kiefer mit einer Schnur zusammengebunden wurde? Dass dieser Mensch nicht spurlos verschwunden ist, sich in Luft aufgelöst hat, nein, dass mit ihm die einfachste Sache der Welt passiert ist: Seine Zeit ist abgelaufen, seine Tage sind zu Ende gegangen, und seine Liebsten haben alles entsprechend arrangiert, sich um seine Überreste gekümmert, sie an den dafür vorgesehenen, verborgenen Ort gebettet.
Was meinst du? Gibt uns das ein Gefühl von Ordnung? Beruhigt es? Und was beruhigt mehr: Das Foto eines sorglosen Säuglings mit speckigen Hautfalten, der das gesamte Chaos der Welt, unzählige Entdeckungen und die gnadenlose Erkenntnis der Ausweglosigkeit des Lebens noch vor sich hat? Oder das Foto vom Ende, vom Sarg mit dem Leichnam auf einem Tisch in der Mitte des Raums, wenn klar ist, dass es schlimmer nicht werden kann, dass der Faden der Geschichte abgerissen ist, dass das Chaos keine Früchte mehr tragen und sich nicht mehr vermehren wird, dass seine Quelle versiegt ist.
Denkst du wirklich, Bohdan, dass nach dem Tod eines Menschen das Durcheinander seines Lebens erschöpft ist, dass dessen Griff sich mit einem Mal lockert und dann erstarrt? Denkst du, die Geschichte reißt für immer ab? Vielleicht ist es umgekehrt? Vielleicht liegt genau darin die wahre Unsterblichkeit? Vielleicht pulsieren die Motive des Verstorbenen und