1. KAPITEL
Die ersten Sonnenstrahlen, die exakt um 5:50 Uhr über die Wasseroberfläche fielen, kitzelten Jayden in der Nase. Der gesamte Horizont war blutrot gefärbt und die ersten Möwen zogen bereits kreischend ihre Bahnen über dem Hafen.
Jayden verharrte reglos neben seinen Kollegen Lenny und Erik. Auch sie trugen die steife weiße Uniform der Royal Navy. Gemeinsam standen sie in Reih und Glied auf der betonierten Mole neben dem Rest der Crew.
Seit heute Morgen waren sie auf dem britischen Militärstützpunkt der Cayman Islands in der Karibik stationiert. Direkt vor ihnen, am größten Pier des Hafens von George Town, lag die HMSApocalypse tief im Wasser. Neben den vertäuten Segelschiffen, Fischerbooten und Jachten wirkte das Schlachtschiff der britischen Marine wie ein gigantisches Stahlmonster. Und genau das war es auch.
In wenigen Minuten würden sie mit der Crew an Bord dieses neuesten, modernsten und äußerst wendigen Lenkwaffenzerstörers der Royal Navy gehen.
Die HMSApocalypse verdiente ihren Namen zurecht, denn mit ihrer Länge von hundertfünfzig Metern, einer Breite von zwanzig Metern, hundertfünfzig Besatzungsmitgliedern – davon zwanzig Offiziere, siebzig Unteroffiziere und der Rest Soldaten –, zwei der modernsten Bordhubschrauber auf dem Flugdeck, sieben Schnellbooten hintereinander seitlich an Deck, Torpedoabwehr und neuartigsten Flugabwehrraketen konnte sie ein unvergleichliches Höllenfeuer entfachen.
»Wow«, entfuhr es Jayden, während er den Blick über die grauen Aufbauten mit den Schüsseln, Antennen, Geschütztürmen und Kanonenrohren gleiten ließ.
»Hat einen Wert von fünf Milliarden Pfund«, erklärte Lenny, die wie immer über alles bestens informiert war.
»Hoffentlich zerstört Erik nichts davon«, murmelte Jayden besorgt.
Erik hob wenig beeindruckt die Schultern. Sein strubbeliges silbergraues Haar war diesmal kürzer als sonst. »Erinnert mich an meinen damaligen Einsatz mit den Special Forces, als ich an der Küste Afrikas von Bord eines amerikanischen Flugzeugträgers ging, um die unterirdischen Tunnel einer Terrororganisation zu infiltrieren.«
»Mitdamals meinst du jene Zeit vor zwei Jahren, als du noch in Helsinki bei deiner Mama gelebt hast und mit Helmkamera und Mountainbike Stunts für deinen Videoblog gedreht hast?«, zog Lenny ihn auf, da Erik wie immer völligen Quatsch erzählte.
»Er meint natürlich die Zeit, als erheimlich die Einsatztruppen trainiert hat«, fügte Jayden grinsend hinzu, »damit die von seinem reichen Erfahrungsschatz hinter feindlichen Linien profitieren konnten. Stimmt’s?« Er stieß Erik den Ellenbogen in die Seite.
»Ja, Mann, genau so war es.« Erik verzog keine Miene. »Andernfalls hätte keiner überlebt. Heute hängt immer noch ein gerahmtes Foto von mir im Oval Office des amerikanischen Prä…«
»Kennst du überhaupt den Namen vonirgendeinem US-Präsidenten?«, zog Jayden ihn weiter auf.
»Ich glaube, es war Washington«, antwortete Erik.
Lenny hatte einen Undercut, bei dem beide Seiten ihres Schädels bis über die Ohren kahl rasiert waren. Sie strich sich die beiden langen brünetten Zöpfe über die Schulter. »Der Washington, der 1799 gestorben ist?«, fragte sie.
Erik sah zur Seite, seine eisgrauen Husky-Augen blitzten kurz auf. »Dann war es eben Lincoln«, knurrte er leicht angepisst.
»Ach ja«, sagte Lenny grinsend. »Dem wolltest du doch damals im Theater das Leben retten, richtig? Als er 1865 erschossen wurde.«
»Könnt ihr nicht mal die Schnauze halten!«, zischte es von einer der hinteren Reihen nach vorne. »Immer wieder dasselbe mit den Frischlingen, die als Trainee an Bord kommen. Glauben, sie wären die Größten, hängen dann aber beim ersten leichten Seegang kotzend über der Reling.«
Erik wollte etwas