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VERFLIXTE SIEBEN
ASTON
Als ich sechs Jahre alt war, um 1955 herum, bekam ich Besuch aus der Zukunft.
Da war ich also und lag zugedeckt im Bett, als mich ein seltsames Leuchten weckte. Ich öffnete die Augen und sah eine rotierende Kugel, die dicht über meinem Kopf schwebte.Now from darkness, there springs light2.
Ich starrte in die Kugel und sah einen Mann auf einer Bühne. Er hatte lange Haare und silberne Stiefel und spielte Gitarre. Die einzige Bühne, die ich je gesehen hatte, stand in meiner Schule und wurde für Krippenspiele genutzt. Ich hatte keine Ahnung, wie eine Gitarre aussah, geschweige denn eine Gitarre, die von einem Mann mit langen Haaren und silbernen Stiefeln gespielt wird. Damals besaßen wir noch keinen Fernseher, und in den Zeitungen in England wimmelte es nicht unbedingt vor Popstars.
Die Kugel schwebte vielleicht eine Minute lang, bevor sie in den Kamin des Zimmers flog und durch dessen Schacht verschwand. Das hört sich an wie ein Albtraum und würde manchen Kindern vermutlich eine Heidenangst einjagen, auch wenn es mir nicht eigenartig vorkam. Es dauerte nicht lange, bis ich wieder einschlief.
Ihr denkt jetzt vielleicht:Donnerwetter, es heißt doch, Geezer sei der Vernünftige bei Black Sabbath gewesen. Wie konnte ein Junge aus der Arbeiterschicht in Birmingham die Vision haben, er wäre dazu bestimmt, Rockstar zu werden, obwohl es in den Fünfzigern noch gar keine Rockstars gab?
Tja, genau das habe ich gesehen. Und nicht nur einmal.
Als ich Stunden später aufwachte, war es still und ruhig im Haus. Der erhitzte Ziegelstein, den ich wie eine Wärmflasche benutzte, war nicht mehr in ein Handtuch gewickelt und lag wie ein Eisblock an meinen Füßen. Falls das Fragen bei euch aufwirft: Meine Mutter machte Ziegel oder Eisenstücke im Ofen heiß, wickelte sie in einen Lappen oder ein Handtuch und legte sie in mein Bett, um es aufzuwärmen, da unser Haus keine Zentralheizung hatte. Löste sich das Handtuch, kurz nachdem man es unter die Decke gesteckt hatte, verbrannte man sich die Füße und wachte schreiend auf. Vor Feuchtigkeit abgelöste Tapete schälte sich von der Wand neben meinem Bett. Ich wurde von Bettwanzen gebissen, die mitten in der Nacht aus dem Nichts auftauchten wie eine kleine Armee aus dem Hinterhalt. Immer wenn ich eine zerquetschte, spritzte mein Blut gegen die Wand, und wir bekämpften diese kleinen Mistviecher mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel namens Flit, das uns bestimmt übler zusetzte als ihnen. Ziemlich trostlos, echt. Aber hinsichtlich dieser Kugel sah die Zukunft recht vielversprechend aus. Was um alles in der Welt sie auch bedeuten mochte.
Abgesehen von schwebenden Kugeln und rätselhaften Rockstar-Träumen war das Aufwachsen in Birmingham während der Nachkriegszeit hart. Aston, der Innenstadtbezirk, wo wir wohnten, erholte sich noch immer von den Schäden, die es im Zweiten Weltkrieg genommen hatte. Die Luftwaffe hatte Birmingham große Aufmerksamkeit geschenkt. Unser Haus, Victoria Road 88, lag nur wenige Meilen von der großen Spitfire-Fabrik in Castle Bromwich sowie den ICI- und Kynoch-Werken entfernt, wo Chemikalien und Munition hergestellt wurden. Eine Bombe beschädigte das Dach des Gebäudes, wobei man aber von Glück reden konnte, denn sie schlug an der Ecke der Victoria Road ein, wo sie zwei Häuser und ein Geschäft zerstörte.
Ich kam am 17. Juli 1949 im vorderen Schlafzimmer dieses Hauses zur Welt. Im selben Schlafzimmer sollte ich 20 Jahre später mit dem Text und den Basslinien zu „Behind the Wall of Sleep“ im Kopf aufwachen. Dieser Song landete auf dem ersten Album von Black Sabbath.