In der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 2022 begann für unsere Familie eine neue Zeitrechnung.
Es begann die Zeit ohne Daniel, ohne unseren Jüngsten.
Unser Sohn war tot. Gestorben unter dramatischen Umständen, allein und hilflos, eine Woche nach seinem zwanzigsten Geburtstag. Die Drogen hatten nach nur zwei Jahren endgültig gewonnen.
Wie geht man damit um? Wie lebt man mit der Tatsache, dass sein Kind nie wieder zurückkommen wird? Wie verkraftet man den Verlust eines wertvollen, einzigartigen und über alles geliebten Menschen?
In meinem Fall mit Kraft und sehr viel Liebe.
Ja, ich war unbeschreiblich traurig und auch fassungslos, aber ich bin nicht zusammengebrochen und werde das auch zukünftig nicht tun. Im Jahr 2021 geschahen schreckliche Dinge mit meinem Kind, die mich dazu gezwungen haben, mich schon damals mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass mein Sohn sterben könnte. Das Schlimmste daran: Sobald sie volljährig sind, ist man von Gesetzes wegen gezwungen, diesem Sterben hilflos zuzusehen.
Zwischen Daniel und mir bestand, solange die Drogen ihn noch nicht unter Kontrolle hatten, immer ein besonderes Band. Er war mir sehr ähnlich. Emphatisch, ehrlich, mit einem sehr kritischen Blick auf unsere Welt und die Menschheit. Fast achtzehn Jahre lang verstanden wir uns blind. Dann begannen schleichend die Lügen, die Ausflüchte und er zog sich mehr und mehr in eine Welt zurück, die mir, die uns, fremd war. Wir begannen, um ihn zu kämpfen, mit allen Mitteln – vergeblich. Er war volljährig.
Die Geschichte seiner letzten beiden Lebensjahre lässt sich kurz und bündig zusammenfassen.
Zuerst verlor er sein Lächeln.
Danach verlor er den Kampf gegen Depression und Drogen. Letztendlich verlor er sein Leben.
Ist er an dieser Welt verzweifelt? Ein durchaus relevanter Gedanke. Die Welt, die wir derzeit unseren Kindern zurücklassen, ist vor allem eine rauchende Müllhalde. Menschen ohne Gewissen oder menschliche Ambitionen, geleitet von der Gier nach Macht und Geld bestimmen das Geschick von vielen. Ich wusste, dass Daniel davon angewidert und abgestoßen war, aber ich konnte die Politik, die Welt nicht ändern. Ich konnte nur versuchen, ihm eine positive Einstellung zu vermitteln.
Doch das Negative, die falschen Freunde und vor allem die Drogen waren stärker. Zuletzt war er in einem schrecklichen Zustand. In einem Zustand, in dem niemand sein Kind sehen möchte.
Nach seinem Tod habe ich sofort einen Entschluss gefasst. Mein einmal so starker, sportlicher, intelligenter und hübscher Daniel konnte nicht wollen, dass man ihn als bemitleidenswerten Junkie in Erinnerung behält. Kein Süchtiger kann das wollen.
Bei meinem Kind kann ich dafür sorgen, dass sich das ändert. Ich dränge behutsam, aber stetig, den süchtigen Junkie zurück. Damit öffne ich die Pforte für meinen Sohn, für das Kind, das er wirklich war. Für einen fröhlichen, tatkräftigen, lieben, klugen Bengel, der Berge hätte versetzen können, wenn man ihn gelassen hätte. So bekomme ich meinen wahren Sohn zurück und ich denke, dass er es genau so möchte. Ein jeder, der sein Kind an die Drogen verliert, sollte das tun, denn nur so kann man weiterleben. Vor allem aber ermöglichen wir es unseren Kindern, dass sie sich – ihr wahres Ich – wiederfinden können.
Ich möchte auf diese Weise meinem Kleinen (1.95 Meter) sein Läc