Prolog
Eine einzelne Träne kullerte über die Wange des jungen Mädchens, es hob jedoch nicht die Hand, um sie hinfort zu wischen. Schlimm genug, dass sieihm überhaupt so viel von den Gefühlen preisgab, die tief in ihrem Innersten tobten.
Wenigstens drang kein einziger Laut über ihre bebenden Lippen, selbst dann nicht, als der riesenhafte, muskulöse Mann sie auf seinem Schoß noch ein wenig enger an sich zog und mit den Fingern durch ihre dunklen, langen Haare strich.
»Weißt du, was ein J’ajal ist, meine Hübsche?«, fragte er. Vorsichtig sah das Mädchen auf, um sich klar zu werden, ob dies der Auftakt zu einem seiner endlosen Monologe darstellte oder ob dieses Mal tatsächlich eine Antwort von ihr erwartet wurde.
Astans kalte, schwarze Augen musterten sie nachdenklich und obwohl das Mädchen bereits mehrfach miterlebt hatte, wie ungemein attraktiv ihr dunkler Schöpfer auf Frauen und gleichermaßen Männer wirkte, entdeckte sie selbst nur eines in seinem Gesicht – Hässlichkeit. Eine Hässlichkeit, die keineswegs der langen Narbe entstammte, die Astan von der Stirn bis zur Wange reichte. Nein, es war eine Verderbtheit, die jede Zelle dieses finsteren Mannes beherrschte, eine Bösartigkeit, um die ihn selbst Satan, der oberste Höllenherr und sein Namensgeber, beneiden würde. Da war sich das junge Mädchen vollkommen sicher.
Weil er nicht weitersprach, schüttelte sie schließlich sachte den Kopf.
»Nein, natürlich weißt du es nicht.« Ein scheinbar resigniertes Seufzen erklang und Astan wandte sich wieder von ihr ab. Auch das Mädchen betrachtete nun erneut den gekachelten, fensterlosen Raum, in den sie Astan hatte begleiten müssen. Ihre Lippen bebten stärker, als ihr Blick auf das mit zahlreichen Schnallen und Riemen versehene Metallgestell in der Mitte des Zimmers fiel. Ein Gestell, in dem sie selbst schon viel zu viele Stunden verbracht hatte, nicht wissend, ob sie diesen Raum jemals wieder lebendig verlassen würde.
Eine Tür klappte und ein Mann in der sterilen, grünen Kleidung eines Arztes trat ein. Bis auf seine Augen war absolut nichts von ihm zu erkennen, und diese waren genauso schwarz und kalt wie Astans. Der Arzt schob einen kleinen Tisch vor sich her, vollbepackt mit allerlei chirurgischen Instrumenten und Spritzen, die mit seltsamen Flüssigkeiten gefüllt waren, und stellte ihn sorgfältig neben dem Metallgestell ab.
»Wir wären dann prinzipiell soweit«, verkündete er ruhig, ohne den leisesten Hauch einer Sorge oder Nervosität in der Stimme. Allenfalls so etwas wie Neugier und eine gewisse Spannung ließ sich erahnen.
»Gut.« Astan nickte zufrieden und während zwei weitere Männer das Zimmer nach und nach mit einem Dutzend fahrbarer Monitore und sonstigem elektronischem Zeug ausstatteten, wandte er sich wieder seiner ursprünglichen Frage zu.
»J’ajal sind Wesen, die einem gewöhnlichen Menschen weit überlegen sind«, dozierte er und seine Arme schlangen sich immer fester um das zitternde Mädchen auf seinem Schoß. »Sie sind schneller, stärker, ausdauernder, altern nahezu nicht und besitzen unglaubliche Heilungskräfte. Aber was noch weitaus wichtiger ist …« Astan hob eine Hand und strich dem Mädchen über Beine, Bauch, Brust, Arme und das Gesicht. »All das hier lässt sich mit einem gewissen Training und der einen oder anderen medizinischen Korrektur durchaus in etwasBrauchbares verwandeln. Haben wir ja zum Teil bereits getan.«
Er gluckste vergnügt und nur weil sich das Mädchen so heftig auf die Unterlippe biss, dass sie Blut in ihrem Mund schmeckte, konnte sie verhindern doch noch unerlaubterweise einen Ton von sich zu geben.
»Dies lässt sich allerdings nicht so einfach anpassen.« Astan tippte ihr an die Stirn und ignorierte den Blutstropfen, der dem Mädchen das Kinn hinabrann. »Der Geist. Und ebenso wie meine zukünftigen Krieger über einen perfekten Körper verfügen sollen, brauchen sie einen perfekten Geist. Einen, der mehr Möglichkeiten bietet als dieses verschrumpelte Gehirn, welches die Menschen ihr eigen nennen. Stell es dir nur einmal vor …« Ihr dunkler Schöpfer beugte sich zu ihr herab und scheinbar zärtlich flüsterte er ihr zu: »Mentale Kommunikation. Fähigkeiten Dinge zu sehen, zu spüren und zu ahnen, von denen kein Mensch weiß, dass es sie überhaupt gibt. Die Möglichkeit sich nicht nur körperlich, sondern sogar geistig zu vereinen.«
Astans Hand presste sich stärker auf den Bauch des Mädchens und Bemühungen hin oder her, sie konnte sich nicht mehr l