Kapitel 1
Deutschland – heute
Es sollte ein schöner Tag werden. Die Sorte Tag, die Alexa Fischer immer in beste Laune versetzte. Seit dem frühen Morgen arbeitete sie schon in ihrem Blumengeschäft, um die Bestellungen des Tages rechtzeitig fertigzustellen. Sie liebte ihren Beruf. Nicht nur die Arbeit mit den Pflanzen, auch dass sie ihre Kreativität ausleben konnte. Als Erstes kümmerte sie sich heute um eine größere Bestellung, die für eine Hochzeit gedacht war. Sie hatte nur wenig geschlafen, so sehr freute sie sich darauf, ihre Ideen dafür umsetzen zu können. Gegen elf Uhr sollte alles abgeholt werden. Den Anstecker für den Bräutigam und seinen Trauzeugen hatte sie bereits fertig und auch die Handsträuße standen im Wasser. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie noch zwei Stunden Zeit hatte.
Die Türglocke ertönte. Alexa schaute durch das großzügige Fenster, das den Arbeitsbereich vom Verkaufsraum trennte. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie ihre beste Freundin entdeckte. Cora war nicht nur ihre Freundin, sondern auch ihre schärfste Kritikerin. Sie hatte das geübte Auge einer Malerin. Wann immer sie eine Disharmonie in Farbe oder Form erkannte, rupfte sie schnell einen Strauß wieder auseinander, den Alexa gebunden hatte. Außerdem war Cora eine zuverlässige Aushilfskraft für den Laden, wenn Alexa Verstärkung benötigte. So wie heute.
„Hi, Lexi!“ Cora legte ihre Tasche ab und gab ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange. Dabei roch Alexa das herbe Parfüm, welches sie an ihrer Freundin so mochte.
„Schön, dass du da bist, Cora. Kannst du gleich vorn anfangen und die alten Blumen aussortieren? Und danach brauch ich dich hier, für den Tischschmuck.“
„Klar, mach ich. Wow, die Handsträuße sind toll. Da bin ich auf den Brautstrauß gespannt. Hast du Vorgaben oder freie Hand?“
„Ich habe freie Hand, was die Blumenwahl angeht. Die Farben wurden allerdings festgelegt, Beige und Lila.“
„Oh, da kannst du dich ja so richtig austoben.“
„Ja, stimmt. Schau mal, ich habe eine Zeichnung gemacht. Wie findest du meine Idee?“ Alexa nahm ein Blatt Papier vom Sideboard und gab es ihrer Freundin. Dabei beobachtete sie genau, wie Cora reagierte. Schließlich war sie diejenige von ihnen, die mit ihrer Malerei und Kinderbuchzeichnungen ihr Geld verdiente. Über Coras Gesicht zog ein ehrliches Lächeln, was Alexa innerlich aufatmen ließ.
„Wenn du den Strauß so hinbekommst, hast du dich einmal mehr übertroffen.“
„Vielen Dank. Es hat auch Riesenspaß gemacht, ihn zu zeichnen. Jetzt muss ich den nur noch so gebunden bekommen.“
„Das wirst du, da bin ich sicher. Ich geh nach vorn, damit du weitermachen kannst.“ Kaum war sie im Verkaufsbereich angelangt, blieb sie nicht lange alleine. Die erste Kundin betrat das Geschäft. Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Flug. Cora hatte den Tischschmuck fertiggestellt, während Alexa den Brautstrauß gebunden hatte. Anschließend waren beide vom Resultat ihrer Arbeit begeistert. Alexa war gerade mit den Aufnahmen der Sträuße und des blumigen Zubehörs für ihr Fotobuch fertig, als der Trauzeuge mit der Mutter des Bräutigams den Laden betrat.
Die Begeisterung der beiden über den Brautstrauß war überwältigend, und das Trinkgeld für das gesamte Arrangement fiel entsprechend großzügig aus. Kurzentschlossen lud Alexa ihre Freundin zum Mittagessen ein.
Am Nachmittag war Alexa wieder allein in ihrem Geschäft. Als der Ladenschluss nahte, schaute sie unwillkürlich immer wieder zur Eingangstür. Um diese Zeit betrat meist einer ihrer Stammkunden das Geschäft. Als sie ihn durch die Schaufensterscheibe über die Straße kommen sah, kam sie sofort hinter dem Verkaufstresen hervor und ging ihm ein paar Schritte entgegen.
„Guten Tag, Herr Vogler! Schön, Sie zu sehen.“
„Ihnen auch einen schönen guten Tag, Frau Fischer!“
„Ich habe heute ein paar besonders hübsche Sträuße fertig. Wenn Sie schauen wollen?“
„Ach, Frau Fischer, Ihre Sträuße sind doch immer sehr hübsch, nicht nur heute.“
„Vielen Dank. Ich durfte heute eine Hochzeit ausstatten und habe von den bestellten Sträußen einige Ideen übernommen. Vielleicht gefällt Ihnen etwas davon.“
Alexa ging wieder hinter den Tresen und überließ ihren Kunden sich selbst. Sie wusste, dass er jetzt seine Ruhe haben wollte. Er kam jeden Freitag, fast immer um die gleiche Zeit, und kaufte meistens einen der kleineren Sträuße. Und das bereits seit einigen Wochen. Einmal hatte sie ihn gefragt, für wen er die Blumen kaufte, doch er hatte sie nur trau