: Kai Kremer
: Ertragsteuerliche Auswirkungen der Distributed Ledger Technology-basierten Unternehmensfinanzierung
: Fachmedien Recht und Wirtschaft
: 9783800596096
: & Recht
: 1
: CHF 79.20
:
: Steuern
: German
: 322
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Idee für diese Arbeit entsprang Erfahrungen der (Besteuerungs-)Praxis, welche zunehmend mit steuerrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Distributed Ledger Technology (DLT) konfrontiert wird. Mit stetigem Zuwachs des Interesses und der folglich ansteigenden Zahl an verwirklichten Sachverhalten im DLT-Kontext steigt auch die Relevanz der Technologie für das (Steuer-)Recht. Aufgrund der erheblichen Reichweite relevanter Herausforderungen für die Rechtswissenschaft und -praxis beschränkt sich dieses Forschungsvorhaben auf steuerrechtliche Fragestellungen im Kontext der DLT-basierten Unternehmensfinanzierung. Die aus einer Vielzahl hierzu drängender Fragen abgeleitete Forschungsfrage des Werkes lautet: Besteht ein Reformbedarf des Steuerrechts zur angemessenen Erfassung der Distributed Ledger Technology-basierten Unternehmensfinanzierung?

Kai Kremer studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Seit 2019 forscht er neben seiner praktischen Tätigkeit im Steuerrecht zu den steuerlichen Auswirkungen der Distributed Ledger Technology. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Werkes ist er als Rechtsreferendar am OLG Frankfurt am Main sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Steuerrecht bei Linklaters LLP tätig.

Kapitel 2 – Blockchain-Technologie34


Die Idee verteilte Datenbanken zu führen ist nicht neu.35 Grundsätzlich erscheint es gegenüber zentralisierten Systemen sogar erstrebenswert, teure und das System verlangsamende Intermediäre zu vermeiden.36 Das Problem beim Führen einer verteilten Datenbank in einem Peer-to-Peer System wird aber immer wieder sein, dass sich die Parteien untereinander nicht kennen und in Folge dessen einander nicht vertrauen.37 Ein rationaler Nutzer einer verteilten Datenbank fürchtet daher stets das Risiko, dass ein Einzelner Dateneinträge zu seinen Gunsten ohne Absprache mit anderen Nutzern manipuliert und diese Änderungen nicht nachvollzogen oder nicht nachgewiesen werden können.38 Deshalb bemühte man in der Vergangenheit oftmals vertrauenswürdige Intermediäre, deren Aufgabe schlicht darin bestand, die Datenbank zu verwalten.39 So beruht beispielsweise unser Grundbuch, das Handelsregister, die Verwaltung unserer Identitäten sowie unser Geldsystem auf dem Prinzip der zentralen Verwaltung. Wir vertrauen dabei auf die Zuverlässigkeit der zentralen Stellen und verlassen uns auf deren Unfehlbarkeit. Dies vernachlässigt aber, dass – so vertrauenswürdig diese Stellen auch sein mögen – sie zum einen teuer sind und daher die Wohlfahrt des Systems durch ihre Kosten belasten und zum anderen auch die Amtswalter der jeweiligen vertrauenswürdigen Stelle „nur“ Menschen sind, welche qua Geburt eine gewisse Fehleranfälligkeit aufweisen; sie sind also ineffizient und fehlbar.

Das im Jahr 2008 unter dem PseudonymSatoshi Nakamoto veröffentlichte Bitcoin-Whitepaper40 präsentierte erstmals einen Lösungsvorschlag für oben beschriebene Schwächen zentralisierter Systeme – die Blockchain-Technologie.41 Sie basiert auf der Überlegung, dass Zahlen nur der Logik unterworfen sind. Sich bei der Übertragung von digitalen Werten auf Logik zu verlassen, erscheint weitaus effizienter und sicherer als auf Menschen vertrauen zu müssen.42

A.Funktionsweise


Wie ausgeführt ist die Blockchain-Technologie, als Unterart der DLT, ein Konzept, welches insbesondere ermöglicht, digitale Werte (Objekte) sicher zu digitalen Identitäten (Subjekten) zuzuordnen. Es können insofern Parallelen zu dem Konzept der (analogen) Eigentumszuordnung gezogen werden.43 Tatsächlich erinnert das technologische Grundkonzept der Blockchain sehr stark an das sachenrechtliche Eigentumskonzept des deutschen Zivilrechts. Wie auch das Sachenrecht, beschreibt die Blockchain Zuordnung anhand der Transaktionshistorie. Dies stellt darüber hinaus eine Parallele zum Bilanzrecht dar. Auch hier ist die Bilanz das statische (stichtagsbezogene) Ergebnis vieler dynamischer (unterjähriger) Buchungsvorgänge.44 Einem ähnlichen Konzept folgt die Zuordnungsbeschreibung der DLT: Die Zuordnung im Beobachtungszeitpunkt ergibt sich aus den vorangegangenen Transaktionen, also der Transaktionshistorie.45

Vor dem Hintergrund, dass die Blockchain-Technologie eine verteilte Datenbank darstellt, ergeben sich vermeintliche Zielkonflikte aus den Anforderungen an eine Datenbank, welche Zuordnungen verwaltet aber gleichzeitig verteilt sowie für jeden einsehbar gespeichert werden soll.46 Die Blockchain-Technologie muss daher eine Transaktionshistorie bereitstellen, welche auf der einen Seite nachträglich unveränderbar ist, aber gleichzeitig, mangels zentralem Intermediär, jedem einzelnen Teilnehmer die Möglichkeit eröffnet, Transaktionen direkt von Nutzer zu Nutzer auszuführen.47

Sie lässt sich folglich in drei Teilanforderungen aufteilen: Zum einen muss die Technologie sichere Transa