Serienangefertigte Heiligenscheine
WIE MARTIN ZUR GANS UND EIN BETTLER ZU EINEM HALBEN MANTEL KAM
SPÄTESTENS GEGEN ENDE OKTOBER, wenn Rilke wieder einmal recht behält („Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. / Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, / wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben …“) und der Herbst schon fortgeschritten ist und an die bald einmal fällige Martinsgans erinnert, läuft selbst militanten Atheisten und eingefleischten Agnostikerinnen das Wasser im Mund zusammen. Der Gänsebraten kommt zusammen mit dem noch jungen, kaum vergorenen Wein aber erst am 11. November auf den Tisch, zu Sankt Martini, wie aufrechte Christenmenschen zu sagen pflegen.
Einer Legende zufolge soll Martin einst dem norwegischen König Olav I. Tryggvason († 1000) im Traum erschienen sein und ihn aufgefordert haben, anstelle des heidnischen Gottes Odin ihn, Martin, durch Trankopfer zu ehren. Auf diese Weise erhielt ein kollektives Besäufnis, wenn es sich denn schon nicht verhinder