Kapitel 1
Als die Decke über Myranda einstürzte, gaben gleichzeitig auch die Dielen unter ihren Füßen nach und sie fiel in ein dunkles Loch. Blindlings krabbelte sie los, weg von der Festung, die über ihr mit einem gewaltigen Donnern einstürzte. Ihre Hände ertasteten einen Metallgriff. Sie zerrte daran, und etwas gab nach. Es war eine niedrige Tür, die offenbar in den Fels gesetzt worden war. Im letzten Moment schaffte sie es, hindurchzukriechen, und rettete sich in die Dunkelheit dahinter. Im schier endlosen Donnern des einstürzenden Gebäudes kroch sie durch einen stockfinsteren Tunnel. Nach und nach verebbte das Dröhnen, als sich die Trümmer über ihr festsetzten. Sie schob den Gedanken beiseite, dass sie lebendig begraben wurde. Auch was sie am Ende des Tunnels finden würde, war ihr gleich. Jetzt ging es nur darum, diese Hölle zu überleben - weg von dem Feuer, weg von der einstürzenden Festung. Alles andere konnte warten.
Sie versuchte aufzustehen, aber ihre Beine gaben immer wieder nach. Offenbar hatte das Feuer Myranda stärker zugesetzt, als sie gedacht hatte. Sie hörte, wie hinter ihr das Gestein nachgab und sah ein, dass es besser war zu kriechen, als bei ihren Gehversuchen zu sterben. Der Rauch der brennenden Trümmer hinter ihr brannte in ihrer Lunge. Sie kroch vorwärts, immer weiter, und kämpfte um jeden Zoll, den ihr Körper hinter sich bringen konnte, bevor er endlich seine Grenze erreichte. Dann brach sie zusammen und verlor das Bewusstsein, und das Donnern und Krachen verebbte in der Stille.
Vielleicht Stunden, vielleicht erst Tage später öffnete sie die Augen. Alles war dunkel. Der Rauchgestank hatte nachgelassen, doch die Luft war drückend und abgestanden. Sie hustete und spuckte, als sie sich auf den Rücken rollte. Ein stechender Schmerz in der Schulter stoppte die Bewegung. Sie griff hoch und zog das Ding, das sie gestochen hatte, von sich weg. Allmählich wurde ihr Kopf klarer, und nun kehrten die Gedanken zurück, die sie vorher ignoriert hatte. Was genau verbarg sich hier unten? Wenn schon die ganze Festung voller monströser Kreaturen war, was für Monster mochten dann hier in den tiefsten Katakomben versteckt sein?
Es war so dunkel, dass es keinen Unterschied machte, ob sie die Augen öffnete oder nicht. Kein Laut war zu hören. Die Stille war gespenstisch, bedrückend und vollkommen. Sie roch nichts als den beißenden Gestank von verkohltem Holz. Alles, was ihr blieb, war ihr Tastsinn. Aber was er verriet, verwirrte sie nur noch mehr.
Der Boden bestand aus Kacheln mit einem komplexen, sorgfältig gearbeiteten Muster. Sie drehte sich wieder auf den Bauch und tastete nach der Wand. Auch dort fand sie das aufwändige Kachelmuster. Dann spürten ihre Finger etwas Glattes, einen Streifen aus Metall oder Glas, der sich an der Wand entlangzog. Als sie den Streifen berührte, be