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Maggie Lucas saß auf dem Bett ihrer Tochter und kontrollierte ein letztes Mal, ob der Inhalt des Tornisters mit der Liste übereinstimmte, die sie von der Schule bekommen hatte: ein zusätzliches Paar Socken, Wechselunterwäsche, Nachtwäsche, zwei saubere Taschentücher, Sportschuhe für drinnen, Zahnbürste, Kamm und Handtuch. Die Liste war übersichtlich, und sie war sie bestimmt schon hundert Mal durchgegangen, doch Angela sollte alles haben, was sie brauchte. Seufzend schloss sie den Tornister und stellte den Schultergurt ein. Sie wünschte, sie hätten sich den empfohlenen Rucksack leisten können, aber dieser hier würde reichen, und andere Kinder waren noch schlechter ausgestattet. Es war schon schlimm genug, dass sie überhaupt wegmusste.
Falls sie denn wegmusste.
Da waren sie wieder, die Zweifel, die sie nachts wach hielten und tagsüber plagten. Sie hatte es bis zum Überdruss mit Bob durchgesprochen, doch sie war sich noch immer nicht sicher, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatten – und sie merkte, dass es ihrem Mann genauso ging, obwohl er es sich weniger anmerken ließ. Sie spürte mit jeder Faser ihres Körpers, dass sie die Familie im Falle des Kriegsausbruchs lieber zusammenhalten sollte, doch die Argumente in dem braunen Umschlag, der hinter der Uhr auf dem Kaminsims auf Bobs Rückkehr von der Arbeit gewartet hatte, waren überzeugend gewesen: Auf dem Land stünden die Chancen besser, hieß es; es gebe zwar keine Garantie – so weit könne man nicht gehen –, doch für die Kinder sei es sicherer als zu Hause. Darauf folgten Versammlungen in der Schulaula, reihenweise fassungslose Eltern, die Vorträgen über Vernichtungsschläge und Toten pro Tonne lauschten, als würden die Bomben bereits herabfallen. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der sie das Wort »Evakuierung« nicht benutzten; zu Hause unterhielten sie sich über nichts anderes, das Thema füllte sämtliche Zimmer, und schließlich trafen sie eine Entscheidung. Bob war an jenem Abend in den Pub gestürmt, obwohl es erst Montag war, während sie sich in die Küche zurückzog, um das Abendbrot zu richten. Sie klapperte mit dem Geschirr, damit Angela sie nicht weinen hörte.
Der Tornister fühlte sich lächerlich leicht an, lächerlich unzureichend, um ihr Kind zu beschützen. Angela saß am Esstisch und hatte ihr Frühstück nicht angerührt. In der kleinen Küche roch es intensiv nach Speck, und Maggie verdrehte sich der Magen. Der Anblick erinnerte sie an eine Henkersmahlzeit, wobei sie nicht genau wusste, wer von ihnen die Verurteilte war. »Na los, mein Schatz, iss etwas«, sagte sie fröhlich. Sie konnte ihren aufgesetzten Ton nicht ertragen. »Du musst bei Kräften bleiben, und das hier magst du doch am liebsten.«
»Mag ich überhaupt nicht. Das ist ekelhaft.«
»Das ist doch nicht ekelhaft.« Sie setzte sich und griff nach Angelas Hand, die ihr jedoch sofort ruckartig entzogen wurde. Der Speck und die Eier, die eigentlich etwas Besonderes hätten sein sollen, erstar