Der Titel variiert einen Topos der Intellektuellenkultur. Während seine klassische Version dem Schreibenden nur noch einmal bestätigt, wie sehr ihm „seine“ Bücher ans Herz gewachsen sind, ja, dass ihre Ordnung oder die Neuordnung nach einem Umzug die emotionale Bindung an sie nur noch verstärkt, befinde ich mich auf dem gegenläufigen, einem abschüssigen Pfad: Ich möchte meine Asylbücher loswerden, und meine inständige Hoffnung erstreckt sich nur mehr darauf, dass sie nicht wirklich „entsorgt“ werden müssen, sondern einen gnädigen Abnehmer finden, der mit ihnen noch etwas anfangen kann. Meine Gefühle sind also wehmütiger Art, und ich frage mich, ob ich nicht etwas versäumt habe, da das Problemfeld von Vertreibung und Flucht doch keineswegs erledigt, vielmehr in periodischen Krisenzyklen wiedergekehrt ist, allerdings mit dem Unterschied, dass es inzwischen von einer mehr oder weniger etablierten Forschergemeinde beackert wird. Im Vergleich damit ist meine Bibliothek veraltet, deckt nur die Periode bis zur Jahrtausendwende ab, weshalb zu befürchten ist, dass sie von der „Berliner Stadtreinigung“ beerdigt werden könnte.
Als ich vor zehn Jahren mein Amtszimmer an der Technischen Universität Chemnitz zu räumen hatte, verschenkte ich die Hälfte meiner politikwissenschaftlichen Fachbücher an die verbleibenden AssistentInnen, einige Kisten mit ihnen moderten trotzdem noch eine ganze Weile im Institutsgang vor sich hin. Die Asylbücher hingegen hatte ich säuberlich zusammengestellt, in zwei Umzugskartons verpackt und nach Berlin geschafft, wo sie allerdings nicht im pensionierten Arbeitszimmer Platz fanden, sondern in den Keller verbannt wurden. Dort erhielten sie, zusammen mit schon den länger unbenutzten historischen Wälzern, „Gnadenasyl“ – immerhin in einem schön furnierten Holzregal, das wir aus dem Odenwälder Elternhaus meiner Frau mitbekommen hatten. Aber anders als bei der Pensionierung geplant, habe ich sie seitdem nicht mehr hervorgeholt. Selbst als ich mich 2015/16 durch die aktuelle Entwicklung noch einmal zu dem Thema gedrängt fühlte, habe ich den Aufsatz zur „unterschätzten Asylkrise“ ohne den Rückgriff auf die alten Bücher schreiben können; zu offensichtlich lag zu Tage, was vor sich ging, es bedurfte keiner „Recherche“.
Zwischendurch hatte ich meinem ehemaligen Chemnitzer Assistenten die Asylsammlung noch einmal angeboten, aber der hatte nu