: Johannes Wilkes
: Wie ich loszog, die Welt von Putin zu befreien Roman
: Gmeiner-Verlag
: 9783839276440
: 1
: CHF 8,90
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 162
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Irgendeiner muss es tun. Putin muss weg!' Da sind sich Olek, Juri und Sascha einig, drei Russen, die in Deutschland leben. Im Wodkarausch bestimmen sie, wer den Job machen soll. Das Los fällt auf Sascha. Putin geht jedes Jahr in Sibirien auf Bärenjagd. Dort will Sascha ihm auflauern. Er fliegt nach Moskau, doch bevor er mit der Transsib weiter Richtung Sibirien fährt, will er noch einmal seine große Liebe Katja wiedersehen. Auf seiner Reise findet er in dem Straßenhund Jabba einen treuen Begleiter, stößt auf alte Bekannte und allerlei Hindernisse.

Johannes Wilkes, Jahrgang 1961, lebt in Bayern. Der Autor von Romanen, Krimis und Reisebüchern ist mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet worden, seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Kapitel 8


Auf dem Weg zum Konservatorium kam ich an der Kathedrale vorbei, dem Sitz des Oberhaupts der russisch-orthodoxen Kirche. Kyrill, der Patriarch, was für ein Obergauner! Was mag er Putin alles eingeflüstert haben! Hatte ihm wohlmöglich den Platz zwischen Petrus und Paulus zugesichert, plus Privataudienz beim Chef zur heiligen Geisterstunde und zur Nacht das Queen-Size-Bett von Maria Magdalena. Mann, Mann, Mann! Dieser schäbige, ewig nach Weihrauch stinkender Oberzausel! Wäre die Vokabel vom heiligen Krieg nicht schon erfunden, Kyrill würde als ihr Schöpfer gelten. Noch so eine feige Ratte, die sich in Palästen verkriecht und die Jugend dem Teufel zum Fraß vorwirft. Wenn ich Putin erledigt hatte, mache ich weiter und erledige diesen Mistkerl, die Hölle wird sich freuen! Ich bin überzeugt, Anführer einer Kirche kann nur ein übler Atheist werden. Würde er nur einen Gramm Gottesfurcht besitzen, auf der Stelle würde er niederstürzen und sich im Staub wälzen.

Kaum jedoch hatte ich die Kathedrale hinter mir gelassen, verflogen diese Gedanken wieder und mein Herz klopfte schneller. Da war sie wieder, die Macht der Liebe! Egon, ein Kollege bei der NürnbergerN-Ergie, unserem Arbeitgeber, hatte mir mal ein Lied vorgesungen, das so hieß: »Ich bete an die Macht der Liebe.« Ein Kirchenlied nur, dennoch hat es mich ergriffen. Nicht Gott wird angebetet, sondern die Macht der Liebe. Oder waren das lediglich Synonyme? War Gott nichts anderes als die Macht der Liebe? Wenn das so war, oh, dann wollte auch ich ein Gläubiger sein! Katja, meine Katja! Hoffentlich treffe ich dich heute!

Wie oft hatte ich nach der Landung mein Smartphone gezückt, wie oft ihr Profilbild betrachtet. Es war zum Glück noch das vertraute Foto, das Winterbild, das sie beim Eislauf geschossen hatte und das ich so liebte. Die Wangen glühend, die gestrickte Mütze über dem kastanienbraunen Haar, die grünen Augen leuchtend wie zwei Saphire. Immer wieder hatte ich begonnen, ihr eine Nachricht zu schreiben, jedes Mal hab ich sie gleich wieder gelöscht. Ein geheimer Zauber hielt mich davon ab. Ich wusste, jeden Dienstag nahm sie Unterricht im Konservatorium, Meisterkurs bei Professor Petrenko, dem Star unter den Moskauer Flötisten, und heute war Dienstag. Gegen 20 Uhr würde sie die schwere Tür aufdrücken und die weite Freitreppe hinunterspringen und ich würde auf dem Platz stehen, würde einfach dort stehen, ganz wie selbstverständlich, so wie ein Mann auf seine Frau wartet. Und dann kam es drauf an, auf diesen Augenblick kam alles an. Wenn sie auf mich zulief, wenn sie mich umarmte und küsste, was für ein glücklicher Mensch würde ich sein! Wenn sie aber zögerte, wenn sie sich zu einem Lächeln zwang, wenn ihre Umarmung flüchtig und herzlos war, dann war ich dem Untergang geweiht, dann hatte das Leben keinen Sinn mehr für mich.

Vielleicht aber war das besser so, redete ich mir ein, vielleicht war das sogar die Lösung, dass sie mich kühl abwies. Dann könnte ich meinen Job kalten Blutes erledigen, dann würde mich nichts mehr daran hindern, den Abzug zu ziehen. Dann war egal, was danach kam, dann w