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Mrs. Pena saß neben mir auf dem Rücksitz und sah mich mit flehentlich erhobenen Händen an. Um ihren letzten Appell direkt an mich zu richten, schaltete sie auf Englisch um. Sie hatte einen starken Akzent.
»Bitte, Sie mir helfen, Mr. Mickey?«
Ich sah Rojas auf dem Fahrersitz an, der sich immer noch nach hinten gedreht hatte, obwohl ich ihn nicht mehr zum Dolmetschen brauchte. Dann schaute ich über Mrs. Penas Schulter aus dem Autofenster und auf das Haus, das sie unbedingt behalten wollte. Es war ein verblichen rosafarbenes Dreizimmerhaus mit einem kahlen Vorgarten hinter einem Maschendrahtzaun. Die auf die Betonstufe des Türpodests gesprayten Graffiti waren bis auf die Zahl13 unentzifferbar. Die13 war nicht die Hausnummer, sondern eine Loyalitätsbekundung.
Schließlich kehrte mein Blick zu Mrs. Pena zurück. Sie war vierundvierzig Jahre alt und auf eine verlebte Art attraktiv. Sie war die alleinerziehende Mutter dreier halbwüchsiger Jungen und hatte neun Monate lang ihre Hypothekenzinsen nicht mehr bezahlt. Jetzt wollte ihr die Bank das Haus wegnehmen und es zwangsversteigern lassen.
Die Versteigerung war in drei Tagen angesetzt. Dass das Haus wenig wert war und in einem von Gangs kontrollierten Viertel von South L.A. lag, spielte keine Rolle. Irgendjemand würde es kaufen, und Mrs. Pena würde Mieterin statt Eigentümerin – es sei denn, der neue Eigentümer setzte sie per Zwangsräumung vor die Tür. Jahrelang hatte sie sich auf den Schutz der Florencia13 verlassen. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Jetzt konnte ihr keine Gang mehr helfen. Sie brauchte einen Anwalt. Sie brauchte mich.
Ich wandte mich Rojas zu. »Sagen Sie ihr, ich werde alles versuchen. Sagen Sie ihr, ich bin ziemlich sicher, dass ich die Versteigerung verhindern und die Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung anfechten kann. Das wird das Ganze zumindest ein wenig aufhalten. Und wir gewinnen Zeit, um uns etwas Längerfristiges zu überlegen. Ihr vielleicht wieder auf die Beine zu helfen.«
Ich nickte und wartete, während Rojas übersetzte. Seit ich ein Werbepaket für die spanischsprachigen Radiosender gekauft hatte, setzte ich ihn als meinen Fahrer und Dolmetscher ein.
Das Handy in meiner Tasche begann zu vibrieren. Mein Oberschenkel deutete es als eine eingehendeSMS. Ein Anruf wurde durch ein längeres Vibrieren angezeigt. Egal, was es war, ich ignorierte es. Als Rojas zu Ende übersetzt hatte, schaltete ich mich wieder ein, bevor Mrs. Pena antworten konnte.
»Sagen Sie ihr, sie muss sich darüber im Klaren sein, dass damit ihre Probleme nicht aus der Welt sind. Ich kann die Zwangsversteigerung hinausschieben, und wir können mit ihrer Bank verhandeln. Aber ich kann ihr nicht versprechen, dass sie das Haus nicht verlieren wird. Genau genommen hat sie es bereits verloren. Ich werde es ihr wiederbeschaffen, aber dann muss sie trotzdem noch eine Einigung mit der Bank finden.«
Rojas dolmetschte und machte Handbewegungen, wo ich keine gemacht hatte. Tatsache war, dass Mrs. Pena irgendwann ausziehen musste. Die Frage war nur, wie weit sie gehen wollte. Eine Privatinsolvenz würde ein weiteres Jahr an eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung hängen. Aber das musste sie jetzt noch nicht entscheiden.
»Und jetzt sagen Sie ihr, dass sie mich für meine Arbeit auch bezahlen muss. Erklären Sie ihr die Standardregelung. Tausend im Voraus und dann die Monatsraten.«