: Henrike von Kuick
: Bang Bang Bali Roman
: Periplaneta
: 9783959962421
: Edition Periplaneta
: 1
: CHF 9.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 334
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Karo hat die Rolle in einem Film ergattert, welcher auf Bali gedreht werden soll. Die junge Schauspielerin spekuliert auf Sonne, Strand und Erholung und findet sich im Smog und Verkehrschaos, umgeben von einer völlig fremden Mentalität wieder. Die Insel des ewigen Lächelns begegnet ihr und dem jungen Filmteam als korrupter Moloch und treibt die neuen Sterne der Filmindustrie an den Rand des Wahnsinns.

Immer wieder sehen sich die sechs mit Wolkenbrüchen, sengender Hitze und mit ihrer eigenen Unfähigkeit in der Fremde konfrontiert.
Für Sexszenen werden verschimmelte Hostels oder der nächtliche Dschungel auserkoren und anmutige Schwimmszenen in tosenden Wellen gedreht. Es gibt mörderische Sonnenbrände und nie enden wollende Durchfälle.
Karos Neurosen steigern sich ins Unermessliche. Fast manisch versucht sie, sich zu verlieben, doch wird sie immer wieder vor den Kopf gestoßen. Denn in dieser Ausnahmesituation mit Schlafentzug, Hunger, Chaos und dem immer größer werdenden Druck ist sich jeder selbst der Nächste.

Eine Tour de Force im vermeintlichen Paradies. Erschreckend amüsant, herzerweichend böse und an den unmöglichsten Stellen unsagbar komisch.


Henrike von Kuick ist Schauspielerin. Sie war an verschiedenen Theatern engagiert und spielt in Kino und TV-Produktionen. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin. 'Bang Bang Bali' ist ihr erster Roman.

Prolog


Durst! Was für einen Wahnsinnsdurst ich hatte! Sehnsüchtig sah ich zum Getränkeautomaten und zählte noch einmal die Cents in meiner Hand. Es reichte nicht. Mein Hals krampfte. Als weißer, blonder Turm ragte ich aus der Reihe der Wartenden heraus. Wo waren all diese kleinen, schwarzhaarigen, dunkelhäutigen Menschen so plötzlich hergekommen? Und diese Gepäckmassen! War das alles Handgepäck? Ich suchte Blickkontakt, vielleicht ein Lächeln, eine kleine Aufmunterung. Sie sahen durch mich hindurch. Ich war allein, das spürte ich nun. Allein und auf dem Weg zu einem anderen Kontinent. Alle zehn Minuten bewegte ich mich in der Schlange einen halben Schritt nach vorn. Ich blickte auf die Sicherheitsschranke, dahinter stapelten sich dreiundzwanzig Stunden Flugzeit. Vorsichtig steckte ich die Hand in meine Hosentasche und fühlte nach meinem kleinen Schatz, der Schlaftablette. Gewisse Vorteile hat es eben doch, einen Arzt als Vater zu haben. Entspannt guckte ich den schreienden Kindern mitten ins Gesicht. Eltern schwenkten verzweifelt iPads, auf denen Trickfilme liefen.

Ich schwebte weiter, wie in einen endlosen, langweiligen Traum hinein und stand plötzlich direkt vor meinem Sitzplatz. Mit einem Schlag war ich wach. Noch einmal verglich ich die Nummer über dem Sitz mit der auf meinem Ticket. Sie stimmte überein. Das war mein Platz? Oder hatte sich die Frau am Schalter verdruckt? Das vor Stolz strahlende Gesicht meines Kumpels erschien vor meinen Augen. Wie hatte der sich feiern lassen, mir diesen heißbegehrten Sitz am Notausgang klargemacht zu haben! Auf unglaublich viel Platz und Beinfreiheit, so weit das Auge reicht, sollte ich mich freuen. Noch wenige Stunden zuvor hatte ich ihm aus dem Flieger von Berlin nach Amsterdam geschrieben:

„Ich hocke gerade auf dem kleinsten Sitzplatz ever!“

„Entspann dich und freu dich auf das Paradies auf der Langstrecke“, kam als Antwort. Das Paradies also. Es gibt Businesssitze und Economysitze und Comfortsitze. Mein Platz gehörte in keine der Kategorien. Ein Notsitz? Ein Kindersitz? Ein Scherz? Da hatte sich wohl jemand Sparsames gedacht: ,Ach guck an, da haben wir noch zwanzig Zentimeter übrig. Da zimmern wir was Kleines, Feines mit einer Lehne rein.‘

„Sie sind so schmal und der Platz ist trotzdem zu klein“, stellte die ältere Dame auf dem Nachbarsitz fest.

,Herzlichen Glückwunsch zu dieser scharfen Beobachtungsgabe‘, dachte ich und lächelte. ,Jetzt hör auf, so blöde zu lächeln und setz dich endlich hin. Die denken noch, mit dir stimmt was nicht!‘, ärgerte ich mich.

Also gut, das Paradies. Eine rund nach oben verlaufende Wand. Anlehnen konnte man sich daran schon mal nicht. Es sei denn, man war ein Halbmond. Halbmonde konnten sich hier bestimmt bequem anlehnen und es sich mit ihrer halben Sichel so richtig schön gemütlich machen. Ich nicht. Doch die Wand war nun einmal da und ich auch und der Sitz. Wir würden uns irgendwie anfreunden müssen.

Ich legte meinen Rucksack ab und probierte verschiedene Hinsetztechniken aus. Auf und nieder bis ich eine Variante gefunden hatte, auf dem Stuhl einzurasten, ohne auf dem Schoß meiner Sitznachbarin zu landen. Man stelle sich in lockerer Position mit dem Rücken vor den Sitz, lasse sich nach hinten fallen und schwenke den Po kurz vor der Landung scharf nach links. Hinplumpsen und so tun, als wäre es das Normalste der Welt. Nun langsam und unauffällig die Taille nach rechts