Noblesse oblige. Kaum jemand hauchte diesem geflügelten Wort mehr Leben ein als Lotte Tobisch von Labotýn. Der Adel, dem sie sich verpflichtet fühlte, hat aber kaum etwas mit blauem Blut zu tun. Unter ihren Vorfahren befanden sich keine Grafen oder Herzöge oder gar Könige. Ihre Vornehmheit hat mit einer Art Herzensbildung zu tun. Die bekommt man nicht vererbt, die muss man sich erarbeiten. Ebendas hat Lotte Tobisch getan. Bis ins hohe Alter blieb sie lernwillig und aufgeschlossen.
In die Wiege gelegt war ihr das nicht. Die Familien ihrer Eltern gehörten dem niederen Adel an. Sie entstammte somit einer Gesellschaftsschicht, in der konservative Werte wie bestimmte Umgangsformen zum guten Ton gehören, nicht aber Hilfsbereitschaft. Lotte Tobischs Leben ist jedoch bei aller Haltung davon gekennzeichnet, auf Menschen zuzugehen. Sie wollte keinesfalls – wie in diesen Kreisen üblich –entre nous bleiben, sondern suchte den Kontakt zu Menschen jeglicher Herkunft. Standesdünkel kannte sie nicht. Ihre Beliebtheit bei der Bevölkerung hatte sie nicht ihren Manieren zu verdanken, sondern ihrer durch Taten beglaubigten Absicht, ihre Tal