Ein Notruf
Ruano setzt den Blinker im letzten Moment. Statt zur Dienststelle abzubiegen, wendet er.
»Noch eine Runde, okay?«
Sein Kollege schaut missmutig auf die Uhr. Es ist schon spät, sein Dienst ist seit elf Minuten beendet, und er will nach Hause zu seiner Frau. Aber Osorio hat Verständnis für den Neuen. Nicht dass Ruano zu wenig Knöllchen verteilt hätte. Dass die Policía Municipal eine Bußgeldquote erfüllen muss, ist natürlich nur ein Großstadtmythos.
»Wie viele brauchst du noch?«
»Fünfzehn.«
»Das ist doch nichts, Mann. Die verteilen wir morgen an diejenigen, die an der Glorieta Carlos V in der zweiten Reihe parken.«
Es ist keine gute Idee, »mal kurz« vor dem Restaurant El Brillante zu halten. Für die Streifenbullen, denen noch Knöllchen fehlen, bedeutet das, wie in einem Fass Fische zu angeln. Zwei Runden im Kreisel, den parkenden Wagen überprüfen und den unvorsichtigen Hungrigen begrüßen, wenn er mit dem üblichen, sorgfältig in Alufolie eingewickelten Calamares-Bocadillo im weißen Plastikbeutel auftaucht. Bei dem unverwechselbaren Geruch knurrt jedem Madrilenen, der etwas auf sich hält, sofort der Magen. Dem Unvorsichtigen jedoch vergeht der Appetit, wenn die Polizei ihm die Quittung aushändigt. Dann enthüllt der Geruch seine wahre Natur: Gestank nach Panade und Frittierfett für zweihundert Euro.
Es ist ein blöder Nachmittag, ein aufgeweckter Streifenpolizist erfüllt seine Quote.
Aber das ist nicht Ruanos Ding. Der Junge ist ein Idealist. Ein Träumer. Also ein Spinner. Vielleicht hat es mit seiner früheren Arbeitsstelle zu tun. Oder es liegt schlicht daran, dass er so jung ist. Wenn er erst mal Fett am Hintern angesetzt hat und zur Vernunft gekommen ist, wird ihm der Eifer schon vergehen.
Ruano möchte für seinen Lebensunterhalt richtig schuften. Er will Streife fahren undechte Verbrecher schnappen. Solche, die volle Kanne eine schmale Straße entlangrasen, oder solche, die an Straßenecken mit Drogen dealen. »Wenn ichechte Verbrecher schnappen wollte, wäre ich einechter Polizist geworden«, sagt Osorio dann immer.
Jedes Mal, wenn er das hört, schaut Ruano ihn an und lacht. Ein entspanntes Lachen, das eines selbstsicheren Millennials. Ruano findet alles witzig.
»Du wirst schon sehen, wenn du erst mal in mein Alter kommst.«
»Du bist erst siebenunddreißig, Osorio!«
»Und fahre immer noch mit Frischlingen Streife.«
»Wenn du dich vielleicht ein bisschen mehr …«
»Wenn du vielleicht mal die Klappe halten würdest …«
Ruano fährt jetzt Ric