1. Kapitel
Draußen brannte die Sommersonne emsig den Asphalt von Chicagos Straßen. Mich ließen brutale Kopfschmerzen schon den halben Tag lang in der Horizontale dahinvegetieren, und dann hämmerte auch noch irgendein Idiot mit voller Wucht an meine Wohnungstür.
Ich ging aufmachen. Vor mir stand Morgan, die eine Gesichtshälfte blutüberströmt. »Die Hüter sind hinter mir her«, keuchte er. »Verstecken Sie mich. Bitte.«
Sprach’s, verdrehte die Augen, bis sie im Schädel zu verschwinden drohten, und brach zusammen.
Oha.
Na wunderbar!
Eigentlich hatte ich gedacht, Schlimmeres als die Schmerzen in meinem Kopf könnte mir an diesem Tag nicht widerfahren.
»Von allen verdammten …« Hilflos starrte ich Morgans reglose Gestalt an. »Das kann doch wohl nicht wahr sein!« Ich war echt, echt schwer versucht, die Tür zuzuschlagen und das Häufchen Elend davor liegen zu lassen. Verdient hätte der Typ das allemal.
Einfach nur dastehen und gar nichts tun ging natürlich auch nicht.
»Harry, du bist nicht ganz dicht im Kopf!«, knurrte ich vor mich hin, während ich meine Schutzzauber – das magische Sicherungssystem, mit dem ich meine Wohnung ausgestattet habe – deaktivierte, Morgan unter den Achseln packte und in meine Bude zerrte. Der Mann war groß, gut ein Meter neunzig, und reichlich mit Muskeln bepackt, die gerade sämtlich den Dienst quittiert hatten. Obwohl ich selbst kein zartes Püppchen bin, hatte ich Mühe, die schlaffe Gestalt über meine Schwelle zu bugsieren.
Sobald das geschafft war, knallte ich die Tür hinter ihm zu und richtete die Schutzzauber wieder ein. Ein Dutzend im Zimmer verteilter Kerzen erwachte flackernd zum Leben, nachdem ich mit der Hand vage auf meine Wohnung gedeutet, meinen Willen gebündelt und »Flickum bicus« gemurmelt hatte. Dann kniete ich mich neben den bewusstlosen Morgan, um mir seine Verletzungen anzusehen.
Die bestanden hauptsächlich in einem guten Dutzend übler Schnittwunden, aus denen Blut sickerte, und waren hässlich, wohl auch recht schmerzhaft, aber nicht lebensbedrohlich. Unter dem linken Arm zierte ein großes Brandloch das weiße Hemd, und darunter hatte die Haut über den Rippen Blasen geworfen und sah versengt aus. Und oben am Bein hatte jemand mit etwas, das wie ein Küchenhandtuch aussah, ungeschickt eine sehr tiefe Wunde bandagiert, an die ich mich nicht näher herantraute. Ich mochte noch nicht einmal den Verband abnehmen, musste ich doch befürchten, dass die Wunde gleich wieder zu bluten anfing. Meine Medizinkenntnisse sind nicht gerade so fundiert, dass ich ihnen das Leben eines Menschen anvertrauen möchte.
Selbst Morgans Leben nicht.
Hier war ein Arzt gefragt.
Aber wenn die Hüter des Weißen Rates tatsächlich hinter Morgan her waren, dann wussten sie höchstwahrscheinlich auch von seinen Verletzungen und hatten besonders Krankenhäuser unter Beobachtung. Von einem Besuch in einer der Notaufnahmen unserer Gegend bekam der Rat innerhalb weniger Stunden Wind.
Also rief ich einen Freund an.
Waldo Butters besah sich Mo