Wenn hier heute Abend* über den Magnetismus der Kritischen Theorie und damit über die Faszination, die Walter Benjamin auf die Studentenbewegung ausgeübt hat, gesprochen werden soll, dann komme ich damit gleichzeitig, wenn auch mit gehöriger, ja kaum zu entschuldigender Verspätung einer Verpflichtung nach. Als vor mehr als anderthalb Jahrzehnten am Hamburger Institut für Sozialforschung eine Ausstellung über Benjamins Leben und Werk gezeigt wurde, sprach mich mit Rolf Tiedemann derjenige an, der sich als Editor zweifellos mehr als jeder andere um Benjamins Werk verdient gemacht hat. Er forderte mich auf, einen Vortrag über Walter Benjamin und die Studentenbewegung zu halten. Ich muss gestehen, dass mir bei dem Gedanken nicht ganz wohl in meiner Haut war. Schließlich war Tiedemann in seiner Loyalität gegenüber Adorno kaum zu übertreffen und wer über das konfliktbehaftete Thema sprechen wollte, konnte dies wohl kaum tun, ohne sich im Nachhinein einer Äquidistanz gegenüber Adorno und den studentischen Akteuren zu bemüßigen. Etwas ausweichend stellte ich ihm zwar die Erfüllung dieser Aufgabe in Aussicht, ließ mich jedoch nicht auf eine konkrete Verabredung ein. Tiedemann reagierte dennoch, wie ich mich zu erinnern glaube, mit den Worten: „Dann komme ich nach Hamburg.“ Dazu ist es schließlich nicht gekommen. Vielleicht hätte es nur eines äußeren Anlasses bedurft, um ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Mehr als ein solcher scheint mir gegeben zu sein, heute im Rahmen dieser kleinen, zur Begleitung der 68er-Ausstellung im Historischen Museum organisierten Reihe sprechen zu dürfen. Dabei möchte ich von vornherein den Eindruck vermeiden, dass derjenige, der Ihnen hier gegenübersteht, darüber lediglich in seiner Doppelrolle als Zeitzeuge und Historiker sprechen möchte. Dieser bin ich auch, jedoch nicht nur. Denn für mich selbst hat Benjamin – obgleich im Sinne einer gewissen Ungleichzeitigkeit – eine zentrale, ja überaus entscheidende Rolle gespielt.
Als ich mich 1968 entschieden hatte, mein Studium – im Hauptfach Philosophie – in Frankfurt zu beginnen, war ich intellektuell bereits mehr oder weniger durch dieediti