KAPITEL I
Unmoral bei Menschen und Tieren
Das ist Tiervergewaltigung!
»Welch ungeheuerliche Frage. Wie abnormal!«
Die Frau riss ihre Augen auf, in einer Mischung aus Erregung und Sprachlosigkeit glotzte sie mich an. Bisher schien sie milde gelächelt zu haben, doch das hatte sich schlagartig geändert. Sie tauschte Blicke mit der Frau neben sich aus, die das gleiche T-Shirt wie sie trug. Sich von mir abwendend ließ sie Folgendes auf mich los:
»Dass Menschen Sex haben, okay! Aber mit Tieren! Nein!«
»Welches Problem stellt sich denn bei Sex mit Tieren?«, erwiderte ich.
Die Frauen kreischten beinahe hysterisch und starrten mich an.
Es war ein strahlend sonniger Sonntag in Bremen. Am 18. Juni 2017 herrschte in der Nähe des Hauptbahnhofes bereits am Vormittag reger Verkehr. Von den Menschenmassen angeregt spazierte ich durch die Stadt, in der ich zum ersten Mal zu Besuch war. Vor den Läden schwebte der Duft von Würstchen, Passanten zogen vorüber. Ich vertrieb mir meine Zeit, wandelte umher und begab mich in Richtung der Sehenswürdigkeiten, zunächst zum berühmten Marktplatz. Die Stadt ist durch Grimms Märchen »Die Bremer Stadtmusikanten« bekannt, und dieser sehr touristische Ort erhielt sich noch immer eine mittelalterliche Atmosphäre. Unterwegs traf man vielerorts auf die im Märchen vorkommenden Tiere Esel, Katze, Hund und Hahn, die als Motiv für Kunstgegenstände und andere Objekte herhielten. Neben dem Rathaus, einem aus Backstein errichteten Barockgebäude, stand die berühmte Bronzestatue der »Stadtmusikanten«, bei der es von Familien und Touristen nur so wimmelte. Es heißt, wenn man den Vorderfuß des Esels berühre, der zuunterst stehend alle anderen Tiere auf sich schultert, gehe ein Wunsch in Erfüllung. So drängten sich Scharen darum, den Eselhuf zu berühren, und schossen zum Beweis ein paar Fotos.
Die Tiere des Märchens strahlten gütige Milde aus und damit wohl alles andere als meine »abnormale« Frage an die Frauen der Tierschutzgruppe »Action Fair Play«, die sich mit verachtendem