Hastig blicke ich mich um.
Die Lichter zucken grell, Musik dröhnt in meinen Ohren, und vom Schweiß nass glänzende Körper bewegen sich rhythmisch zu den Klängen aus den Boxen.
„Entspann dich, Samantha. Sie sind nicht hier.“ Amüsiert nippt meine Stiefschwester Theodora am Champagnerglas und stupst mich behutsam in die Seite. „Wir können also ganz in Ruhe feiern.“
Sie hat recht. Weit und breit keine Bodyguards. Normalerweise erkenne ich sie am mürrischen Blick, der aussieht, als gäbe es sieben Tage Regenwetter, und den schlecht sitzenden Jacketts, doch auf der Tanzfläche des New Yorker Klubs sind keine Anzugträger zugegen. Nur Menschen in zu knapper Kleidung, die in diesem viel zu heißen Sommer ein wenig Ablenkung suchen und sich die mit Eiswürfeln gekühlten Drinks gegen die Stirn drücken.
„Er hat Wort gehalten“, flüstere ich mehr zu mir als zu Theodora und lasse mich ein wenig tiefer in den Sessel irgendeines Edeldesigners sinken.
„Natürlich hat er das“, sagt sie empört. „Immerhin ist es dein dreißigster Geburtstag. Da wird dein Vater seine kleine Prinzessin doch mal ohne schwer bewaffnete Leibgarde aus dem Haus lassen.“ Sie zwinkert mir zu und erhebt ihr Glas. „Also, alles Gute, Schwesterherz. Und jetzt genieß deinen Abend.“
Ich stoße mit ihr an. Das helle Klirren geht im wummernden Bass unter. Noch immer kann ich es nicht fassen. Verdammt, ich bin jetzt dreißig! Eben noch saß ich auf Daddys Schultern, während er mich durch unsere Villa getragen hat, und jetzt prangt die böse Drei vorneweg.
Ich streiche mir über das schwarze Kleid, richte meine blonden Haare und lächle meine Stiefschwester an. „Danke, Theodora. Was wäre ich nur ohne dich?“
„Hilflos, und die Firma wäre pleite.“ Sie leert den Champagner in einem Zug und ordert zwei neue Gläser. Als der Kellner den Nachschub zum VIP-Bereich bringt, gibt sie mir eines und zieht mich auf die Füße. „Und jetzt wird getanzt. Der Typ da hinten sieht dich schon die ganze Zeit an.“ Dabei deutet sie verschwörerisch auf einen Mann mit hellblondem, gegeltem Haar, der lässig an der Theke lehnt. Als er meinen Blick bemerkt, prostet er mir zu. Das Erscheinungsbild des Mannes geht stark in Richtung Schwiegermutters Liebling.
„Das ist dein Typ?“, will ich etwas zu pikiert wissen und mustere ihn von oben bis unten.
„Sam, das ist der Typ vonjeder Frau!“ Sie lacht auf, schiebt mich aus der Lounge auf die Tanzfläche. Dabei kommt sie ganz nah an mein Ohr. „Tolle Haare, nettes Lächeln, super Figur. Wenn er jetzt noch Arzt oder Anwalt ist, schnappe ich ihn dir weg.“
Ich zucke mit den Schultern und lächle herausfordernd. „Nur zu. Deiner Mutter würde es gefallen, wenn endlich Enkel da wären.“
„Deinem Vater ebenso. Er wünscht sich schon lange jemanden, der das Firmenimperium weiterführen kann, wenn die Tochter schon keine Lust darauf hat“, erwidert sie augenzwinkernd und zieht mich weiter zu dem Mann.
„Ich habe doch dich“, gebe ich zurück und hebe die Augenbrauen. Mir ist nur allzu bewusst, dass Theodora es nicht so meint, aber sie trifft einen wunden Punkt. Auch wenn Vater es sich noch so sehr wünscht, die Führung unserer Firma ist einfach nicht mein Ding. „Du leitest dieMayflower Incorporation besser als jeder andere. Außerdem kann ich mich dann in Ruhe auf mein Studium konzentrieren.“
„Und auf die Partys“, sagt Theodora, in Anspielung darauf, dass ich immer noch keine Ärztin bin, und streckt die Zunge raus.
„Touché, kleine Schwester.“ Wir stoßen an und lachen.
Während wir uns im Rhythmus der Musik bewegen, suche ich den Blick des Mannes. Noch immer steht er allein, fesselt mich mit seinen Augen. Zwei Haarsträhnen fallen ihm ins Gesicht und verleihen ihm etwas Geheimnisvolles. Theodora hat recht – er ist ein äußerst attraktives Exemplar der Gattung Mensch.
„Interesse?“, ruft sie absichtlich laut.
Schon, aber … Trotzdem schüttle ich den Kopf. „Du bist diejenige, die sich ein wenig Spaß gönnen sollte“, antworte ich und lege meine Stirn in Falten. „Immerhin arbeitest du seit Monaten beinahe ununterbroch