Vorwort: Wenn der Tod das Leben regiert
Dies ist ein Buch darüber, wie Gesellschaften Leben und Tod verwalten, wie sie scheitern und Erfolge erzielen, und darüber, wie die Covid-19-Pandemie deutlich machte, dass wir eine Gesellschaft brauchen, die planetarisch ist und sich ihrer Verantwortung nicht entzieht. Zugleich ist es ein Buch darüber, dass weite Teile der Philosophie den pandemischen Test nicht bestanden haben – weshalb ich hier einen alternativen Vorschlag unterbreiten möchte. Eine gelungene Reaktion auf eine Pandemie, auf den Klimawandel oder darauf, wie wir füreinander Sorge tragen wollen, sollte »biopolitisch« impositiven Sinne sein. Denn es geht dabei schließlich buchstäblich um Leben und Tod.
Die schwierigsten Lektionen, die es zu ziehen gilt, sind jene, die sich bemerkbar machen, sobald dieRealität – in Form eines Virus und der unzureichenden Reaktionen der Regierungen darauf – unsere wohligen Illusionen und Ideologien in tausend Stücke schlägt.
Dieses Buch nun erscheint zu einem Zeitpunkt, der hoffentlich dem Ende der Pandemie näher ist als ihrem Anfang, in einem Moment, in dem Veränderung zugleich notwendig ist und möglich erscheint. Indem es sich den aus der »Rache des Realen« zu ziehenden Lehren stellt, entwirft es eine postpandemische Politik und somit ein Bild dessen, was nun zu geschehen hat. Denn die Frage lautet: Kann sich die Welt anders regieren? Und wenn ja, welche Modelle benötigen wir dafür?
Paul Preciado schreibt: »Sag mir, wie deine Gemeinschaft ihre politische Souveränität konstruiert, und ich sage dir, welche Formen deine Plagen annehmen werden.«1 Ja, und gleichermaßen schmerzlich wahr ist auch das Gegenteilige, vor allem wenn Souveränität durch ihre Abwesenheit definiert wird. Diese Pandemie offenbart, dass insbesondere der Westen nicht mehr in der Lage ist, sich selbst so zu regieren, wie es eigentlich nötig wäre.
Coronaviren sind uralt. Wir haben uns gemeinsam mit ihnen entwickelt. Schuld an der aktuellen Pandemie ist nicht, wie manche meinen, eine wid