Gäbe es Jubiläen nicht, wäre die Welt doch ein wenig ärmer. Denn die Erinnerung verblasst: Was aus den Augen ist, ist aus dem Sinn. Sigmund Freud hat die Verdrängung als zentralen Bestandteil der Psyche erkannt, und es war wohl kein Zufall, dass er seine Forschungen in Wien gemacht hat. „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“, heißt es im bekanntesten Lied aus derFledermaus, die ja die heimliche Staatsoperette Österreichs ist. Glücklich ist aber auch, wer sich erinnert. Wer aus der Geschichte lernen will, darf sie nicht ignorieren. Und es gibt ja auch die angenehmen Reminiszenzen. „Es war einmal, und es war einmal schön“, singt Erika Pluhar. Sie hat recht damit.
Es gibt die Wiederentdeckungen, die großen Namen, Ereignisse, Gefühle der Vergangenheit. Manchmal öffnen sich auch lange verschlossene Türen neu, und man findet vergessen Geglaubtes dahinter. Die Musik mit ihren Jahresregenten macht es vor: Ohne Bruckner-Jahr würde man in den klassischen Konzerten noch mehr Mozart und Beethoven hören. Beide großartig, aber da war doch noch etwas …
Das jährliche Mauthausen-Gedenken hält die Konfrontation mit dem Holocaust wach und damit auch die Frage, welche Rolle Österreich in der Nazizeit gespielt hat. Die Republiksgedenken finden zwar weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, aber sie könnten auch zu einer Auseinandersetzung mit den Zielen und Problemen unseres Staates genutzt werden.
Manche Katastrophen sind riesig im jeweiligen Moment und doch bald wieder vergessen. Wenn das Ende der russischen Gaslieferungen droht, keimt europaweit wieder Begeisterung für die Kernkraft auf. Ein Gedenken an Tschernobyl hilft, dass einem die Gefahr dieser Großtechnologie doch bewusst wird.
Manchmal dienen solche Jubiläen auch nur dazu, dass man merkt, was sich eigentlich alles geändert hat. Und auch das hat seine Berechtigung. Aus der Geschichte lernen heißt manchmal auch, den Fortschritt wieder zu schätzen. Und ab und zu auch nur zu staunen. Es gibt unangenehmere Arten, sein