»Viel Gebete tun Not mir, um den Himmel zu bewegen, dass er auf meinen Zustand lächle«
Vor der Premiere
Wolfgang Hartmann, der Bürgermeister von Sommerhausen, steht bebend in Fritz’ Garderobe. Ständig wischt er sich mit seinem karierten Taschentuch die Tränen aus den Augen. Er kann kaum sprechen und setzt wieder und wieder an. Fritz würde ihn gern hinauskomplimentieren, denn er ist durchgeschwitzt und müde. Aber er ist sehr glücklich, weil die Generalprobe fantastisch gelaufen ist.
»Herr Fichte, ich gratuliere! So was hab ich noch nie gesehen!«
Hat er denn schon so viel gesehen? In Boccaccis kleinem Theater musste er als Oberhaupt des Dorfes immer zu den Premieren gehen, aber sonst?
»Das ist sehr schön, dass es Ihnen gefallen hat, Herr Hartmann, aber das war ja erst die Generalprobe.«
»Das wird ein Riesenerfolg übermorgen, da bin ich ganz sicher. Und was haben Sie denn aus meiner Nichte gemacht? Sie ist so schön, so begabt. Und dann dieser schreckliche Selbstmord, da hab ich aufgehört zu atmen, das hat mich umgehauen.«
Bettina steckt den Kopf herein: »Herr Fichte, die Kollegen warten.«
»Kommen Sie noch mit in das Vereinsheim, Herr Hartmann?« Der zuckt zusammen. »Um Gottes Willen, nein!«
Na klar, das ist Feindesland, das wäre zu viel des Guten gewesen.
»Ich warte im Auto auf Rosie. Das wird toll übermorgen, also bis dahin.«
Schnell zieht sich Fritz um. Sein Kostüm ist nass vom Schweiß, denn die Hitze des Tages hat kaum nachgelassen, es ist auch um dreiundzwanzig Uhr noch drückend schwül. Alles hofft auf ein Gewitter.
Er geht aufgewühlt und freudig zu seiner zufriedenen, abgekämpften Spielerschar. Glückliche Gesichter. Diese Generalprobe war ein Abflug, denn jeder hat sein Bestes gegeben und alles hat funktioniert. So wird es auch bei der Premiere werden.
Aber nicht alle sind glücklich. Die abergläubische Ingrid macht ein sauertöpfisches Gesicht: »Na, das kann was werden, eine gute Generalprobe verheißt nichts Gutes!«
Was sehen da die müden Augen von Fritz? Auf einem Stuhl fläzt sich Erich, was macht er da? Er streichelt für einen Moment die Hand von Rosie, ohne dass die anderen es bemerken! Und Rosie sitzt mit steifem Rücken da. Sie wirkt so, als wäre sie nicht von dieser Welt – aber sie zieht ihre Hand nicht zurück.
»Liebe Leute, das war eine großartige Probe! Danke. Das einzige, was noch nicht so ganz hinhaut, ist die Applausordnung. Schaut euch das noch mal auf dem Zettel an. Die Herren Bürgermeister sind übrigens sehr zufrieden.« Kleine Notlüge von Fritz, denn mit Rainer Haas, dem Winterhäuser Bürgermeister, hat er noch gar nicht gesprochen, aber er hat ihn im Zuschauerraum lachen gehört.
Tom meldet sich grinsend: »Herr Fichte, Sie haben wieder vergessen, Ihren Ehering abzuziehen. Ein Pater mit Ehering!« Dieser Ring! Fritz war tatsächlich einmal verheiratet gewesen. Es war eine kuriose Scheinehe mit einer lesbischen Sportlerin. Aber den Ehering hat er nie abgenommen, aus »Sicherheitsgründen«, wie er es Mogens gegenüber formulierte.
Der spricht auch noch ein paar Worte.
»Ich weiß, wie schwer es manchmal für einige von euch war, dass immer die Kamera dabei war, aber ich verspreche euch, dass ich nichts zeigen werde, was jemanden diskreditiert oder ihm schadet. Na