: Monika Fagerholm
: Wer hat Bambi getötet?
: Residenz Verlag
: 9783701746798
: 1
: CHF 16.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein furioser Roman voll von Punk, Zorn und bissigem Witz: Atemlos folgen wir einer Reise durch die Abgründe der Vorstadtidylle von Helsinki. Seit jener Party der vielversprechenden Jeunesse dorée ist nichts mehr, wie es war in dem eleganten Villenviertel bei Helsinki: Familien zerbrechen, Karrieren enden, und ein düsteres Schweigen liegt über der einst so heiteren Idylle am See. Unerbittlich legt Fagerholm frei, was sich in dieser Nacht ereignet hat: Der charmante Gastgeber Nathan, Gusten und deren zwei Freunde haben das Mädchen Sascha im Keller eingeschlossen, sie stundenlang gequält und vergewaltigt. Und auch wenn Schweigegeld bezahlt und Geständnisse abgelegt werden, kann nichts mehr heil werden, weil es keine Sprache gibt für das, was geschehen ist. Das muss auch Gusten erfahren, als er nach Jahren auf der Suche nach seiner großen Jugendliebe Emmy zurückkehrt ...

Monika Fagerholm, geboren 1961 in Helsingförs, zählt zu den bedeutendsten skandinavischen Autorinnen der Gegenwart. Sie studierte Psychologie und Literaturwissenschaft an der Universität Helsinki und machte 1987 ihren Abschluss. Sie publizierte zahlreiche Kurzgeschichten, der literarische Durchbruch gelang der finnlandschwedischen Autorin mit ihrem ersten Roman 'Wunderbare Frauen am Wasser' (1994), für den sie den Runeberg Preis erhielt. Für 'Das amerikanische Mädchen' wurde sie 2005 mit dem August-Preis ausgezeichnet und für 'Wer hat Bambi getötet?' mit dem Literaturpreis des Nordischen Rates 2020.

Gusten am Wasser, 1


Man kann hier anfangen. Ein Morgen im September 2014.

Gusten Grippe geht hinunter ans Wasser. Kaltsee, Villenviertel: Allein ist er hier nicht gewesen, seit langem nicht mehr. Damals, vor vielen Jahren, zog er aus dem Villenviertel weg, in dem er aufgewachsen war, und schwor sich, nie zurückzukehren. Was macht er dann jetzt hier, just an diesem Septembermorgen zu Beginn eines Herbstes, der ihn zu dem zurückführen wird, was er einst verlassen hat? Richtige Antwort: nichts. Kein Gedanke, kein Anliegen. Ist nur irgendwie hier gelandet auf seiner morgendlichen Joggingrunde. Ja, es passiert ihm immer noch manchmal, dass er durch das Villenviertel läuft, mit dem Auto aus dem Vorort in der Nähe kommt, wo er mittlerweile wohnt, schick, in einer luxuriösen Junggesellenbude auf zwei Etagen (Gusten hier ist Immobilienmakler,Höllenmakler, sagt man, es ist sein Spitzname, weil er so gut ist). Vielleicht ist das ein Omen, ein Zeichen, ein bisschen sechster Sinn. Höchstwahrscheinlich nur Zufall, ironisches Zusammenspiel.

Aber damals, als Gusten ein Kind war, ist das hier seine Welt gewesen: Villenviertel, Kaltsee, die Ufer ringsum,die Landgüter am See, der kleine Wald und der mit Holzspänen bedeckte Wanderpfad, der um den schlammigen Flusslauf herumführt, der weder tief noch kalt oder gefährlich oder auch nur ein bisschen geheimnisvoll ist, wie Gusten es sich so gern hatte einbilden wollen, als er klein war – genauso wie sein gleichaltriger Spielkamerad Nathan. Als sie gemeinsam hier standen, mit identischen Basecaps. Die Augen zusammenkniffen und sich was ausdachten, sich Geschichten erzählten über alles mögliche Aufregende, was gewissermaßen sein KÖNNTE, selbst hier, aber die Geschichten b