: Markijan Kamysch
: Die Zone oder Tschernobyls Söhne
: Matthes& Seitz Berlin Verlag
: 9783751808057
: punctum
: 1
: CHF 12.60
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 134
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Markijan Kamysch ist der Sohn eines sogenannten Liquidators, der zu den Rettungs- und Aufräumtrupps gehörte, die nach dem Reaktorunfall die Schäden vor Ort beseitigten. Seit 2010 führt Kamysch illegale Ermittlungen in der Sperrzone von Tschernobyl durch. Beinahe ein Jahr hat er mittlerweile in dem strahlenverseuchten Gebiet um das Atomkraftwerk und die nahe gelegene Stadt Prypjat verbracht und seine Erlebnisse aufgezeichnet. Sein Buch ist das einzigartige literarische Dokument einer Erkundung, für die er seinen Leib riskiert. Als Sohn eines 2003 an den Folgen der Strahlenkrankheit verstorbenen Ersthelfers gehört er der »Generation Tschernobyl« an. Der Ort, der das Leben seiner Familie und das einer ganzen Gesellschaft änderte, ist für ihn »ein Land des Friedens, gefroren und zeitlos«, in dem er eine Art von Freiheit erlebt, die in den Gefängnissen einer total konsumistischen und nihilistischen Gesellschaft zu einem Raum der Utopie geworden ist. Wie ein Blinder findet er sich dort zurecht und nimmt uns mit auf eine Entdeckungsreise zum »exotischsten Ort der Welt

Markijan Kamysch, 1988 in Kiew geboren, ist ein ukrainischer Schriftsteller, der den Tschernobyl-Untergrund in der Literatur repräsentiert. Seit 2010 hat er die Sperrzone von Tschernobyl illegal erkundet. Er ist der Sohn eines 2003 verstorbenen Tschernobyl-Liquidators, Atomphysikers und Konstrukteurs des Instituts für Kernforschung in Kiew. Die Zone oder Tschernobyls Söhne ist sein erstes Buch, das in mehrere Sprachen übersetzt und unter großem Beifall veröffentlicht wurde.

Angestachelt vom Optimismus utopischer Parolen und den Furzideen einer grotesken sowjetischen Gigantomanie, formten wir unseren Traum. Auf der Jagd nach dessen Erfüllung fanden wir das Füllhorn – die Energie des friedlichen Atoms, Wunderwaffe der Volkswirtschaft und Leitstern auf dem Weg in die knallrote kommunistische Zukunft. Berauscht von der eigenen Größe, im lichten Glauben an das Gute, bauten wir in der Sowjetunion ein Atomkraftwerk nach dem anderen.

Tschernobyl war eines der leistungsstärksten. Die dazugehörige Stadt Prypjat wuchs und konnte sich sehen lassen, gepflegte Hochhäuser ragten auf, über den Dächern prangten stolz gigantische Transparente, auf den beschaulichen Spielplätzen tobten Kinder.

Ein Supermarkt und ein Restaurant wurden eröffnet, und Annoncen wieTausche Wohnung in Odessa gegen Wohnung in Prypjat erstaunten niemanden. In der Einöde Polessiens wirkte die Kraftwerksstadt wie eine Utopie aus dem All: schnelles Wachstum, steigender Wohlstand und bombastische Perspektiven. In Planung war sogar eine Uferpromenade mit Brücken, Laternen und ländlicher Idylle. Schon waren weitere Reaktorblöcke im Bau, am Horizont winkten Glück und Freude in Reinform.

Bis irgendwann der vierte Reaktorblock in die Luft flog und alles im Arsch war. Tschernobyl, der Stern Wermut, war, wie in der