: Shulamit Lapid
: Lokalausgabe Lisi Badichis erster Fall
: Dörlemann eBook
: 9783038209980
: 1
: CHF 12.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nach einer wilden Partynacht wird die Gattin eines angesehenen Richters erschossen am Pool aufgefunden. Lisi Badichi, Reporterin bei einer kleinen israelischen Zeitung, soll über den Fall berichten. Die junge Journalistin ist bekannt für ihren ausgezeichneten Spürsinn. Schnell findet sie heraus, dass die Tote eine geheime Affäre hatte. Wurde sie erpresst? Oder sind die zwielichtigen Geschäfte, in die sie zusammen mit ihrem Mann verwickelt war, das Tatmotiv? Entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, schaltet Lisi sich in die Ermittlungen ein. Dabei begeht sie einen fatalen Fehler, der sie direkt in die Arme des Mörders treibt ...

Shulamit Lapid, geboren 1934 in Tel Aviv, studierte Orientalistik und war Vorsitzende des israelischen Schriftstellerverbandes. Sie ist eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen Israels und schreibt neben Kriminalromanen auch historische und sozialkritische Romane sowie Kurzgeschichten, Theaterstücke und Kinderbücher. Der erste Band ihrer Krimireihe um die Journalistin Lisi Badichi, Lokalausgabe, wurde 1996 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet.

Kapitel 1


Niemand wusste, wann Lisi Badichi bei der Party von Hornsticks erschien und mit wem sie kam, und es interessierte sich auch niemand dafür, dass sie dort war, denn sie war keine Frau, die man groß bemerkte, obwohl man sie nicht gerade als leicht zu übersehen bezeichnen konnte – nicht mit ihren großen platten Füßen, die aussahen wie die Flossen eines Seehundes, und nicht mit ihrem großen Busen, der jeden, der es vielleicht vergessen haben könnte, daran erinnerte, dass es so etwas wie Schwerkraft auf der Welt gab, und nicht mit ihrer Art zu sprechen, wobei sie zwischen »Schätzchen« und »hach?« ein paar Wörter aneinanderreihte wie zerkaute Perlen auf einer alten Schnur.

In der Redaktion nannte man sie »Lisi die Bekloppte«. Sie wusste das, aber es störte sie nicht, solange man sie in Ruhe ihre Arbeit tun ließ und sich nicht in das einmischte, was sie schrieb. Sie war »unsere Reporterin« der ZeitungZeit im Süden, einer Lokalbeilage der überregionalenZeit. Genaugenommen schrieb sie die ganze Beilage selbst, machte sich höchstpersönlich mitten in der Nacht auf den Weg, wenn man sich mitten in der Nacht auf den Weg machen musste, kippte sich etwas Wasser über den Kopf, um wach zu werden, strich sich Fettstift auf die Lippen, steckte sich riesige Plastikclips an die Ohrläppchen und den Pieper an den Gürtel, zog ihre Füße über den leeren Gehsteig und hoffte, dass der Anlasser ihres Autos keine Schwierigkeiten machen würde und dass ihr Informant an der Stelle wartete, die er ihr angegeben hatte, dass die Nachricht in den überregionalen Teil der Zeitung aufgenommen würde, denn dann bekam sie eine Prämie. Sie wusste, und alle in Be’er Schewa wussten es, dass Lisi Badichi »die Lokalzeitung« war, und das sparte ihr Zeit, überflüssige Formalitäten und alle möglichen Gänge.

Wenn es darum ging, die Mutter eines Getöteten zu interviewen oder die Freundin des Sängers, der eine Nutte vergewaltigt und ihr vier Zähne eingeschlagen hatte, oder den heldenhaften Soldaten, den Stolz derSiedlung D – Lisi war zur Stelle, sie und ihre großen Füße. Dann wusste sie, dass Dahan, der Chef derZeit im Süden, in Tel Aviv angerufen und Bescheid gesagt hatte, dass Lisi die Bekloppte zu dem Betreffenden hingefahren war. Sie wusste es nicht nur, es war ihr auch egal, denn sie wusste ebenfalls, dass er den Satz mit den Worten beendet hatte: »Sie wird schon eine Geschichte aus ihm herausholen.«

Sie war nicht besonders stolz auf das, was sie tat, und sie war nicht übermäßig bescheiden. Sie tat ihre Arbeit professionell, und das befriedigte sie. Wenn sie einen Faden in der Strickwarenfabrik eingezogen hätte, wie es ihre Mutter tat, oder imSoroka Spritzen gegeben hätte, wie es ihre Schwestern Georgette und Chawazelet taten – dann hätte sie dies auch professionell erledigt, und auch das hätte ihr Befriedigung verschafft. Nun war sie also »unsere Reporterin« im Süden. Big deal. In zwei Monaten würde sie dreißig, und das war es, was für ihre Mutter wirklich eine Rolle spielte, auch für Georgette und Chawazelet. Manchmal kamen ihre Schwestern zu ihr und sagten Schmeicheleien, und dann wusste Lisi, dass sie sie am Schluss bitten würden, ihnen Geld zu leihen, was sie auch tun würde. Sie würde sich vornehmen, beim nächsten Mal ihre Schwestern