: Marcel Huwyler
: Frau Morgenstern und die Flucht Kriminalroman
: Grafit Verlag
: 9783987080012
: 1
: CHF 9.30
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der vierte Coup von Bestsellerautor Marcel Huwyler! Violetta Morgenstern, Pensionärin und kreative Auftragskillerin im Namen des Staates, kommt in arge Bedrängnis, als ausgerechnet ihr Freund eliminiert werden soll. Die Situation gerät völlig außer Kontrolle, und plötzlich steht Violetta selbst auf der Todesliste. Von den eigenen Leuten gejagt, taucht sie gemeinsam mit ihrem Kollegen, Ex-Söldner Miguel Schlunegger, unter. Das mörderische Duo sorgt nun aus dem Untergrund heraus auf eigene Faust für Gerechtigkeit. Bei ihrem ersten Auftrag untersuchen sie den mysteriösen Tod eines Jungen - und kommen dabei einer ungeheuren Vertuschungsaktion auf die Spur, die unzählige Menschenleben bedroht.

Marcel Huwyler wurde 1968 in Merenschwand/Schweiz geboren. Als Journalist und Autor schreibt er Reportagen über seine Heimat und Geschichten aus der ganzen Welt. Er lebt in der Zentralschweiz. www.marcelhuwyler.com

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»Nichts ist schwieriger, als eine sterbenslangweilige Person umzubringen.« Violetta Morgenstern rang die Hände und stieß sich samt Bürostuhl vom Tisch weg.

»Trainierst du schon mal für künftige Seniorenausflüge mit dem Rollstuhl?« Miguel Schlunegger winkte ihr mit einer theatralisch geriatrischen Geste hinterher.

Violetta bedachte ihn mit einem strafenden Blick. »Manche Männer glauben, nicht zu altern, nur weil sie immer kindischer werden.«

»Keine Sorge, dein Altern hat irgendwann ein Ende.« Er stutzte und kicherte dann wie ein Tölpel. Miguel besaß die Gabe, unbesonnen daherzubrabbeln und erst danach zu realisieren, wie philosophisch sein Spruch gewesen war. »Aber ja, du hast recht«, meinte er dann. »Ob der oberlangweilige Kerl überhaupt einen Unterschied merken wird, wenn er tot ist? Der hat doch noch gar nie richtig gelebt.«

Neunundneunzig Prozent aller Zielpersonen auf der To-do-Liste des geheimen Schweizer Killerministeriums Tell boten in irgendeiner Form eine Angriffsfläche. Hatten in ihrem Berufs- oder Privatleben Momente, die – von den staatlichen Eliminierungsprofis geschickt ausgenutzt – zum Ableben führen konnten. Und nach natürlicher Ursache aussahen. Letzteres war eminent wichtig. Tod ohne nachweisbare Fremdeinwirkung hieß die Maxime bei Tell. Unfälle aller Art (Stürze funktionierten eigentlich immer), mit Strom oder Gift provozierte Herzinfarkte, überdosierte Medikamente, manipulierte Lenkungen von Fahrzeugen, undichte Gasleitungen, gewollt unsachgemäß funktionierende Haushaltgeräte. Die Liste war lang, je kreativer, desto lieber.

Violetta Morgenstern genoss bei Tell den Ruf, besonders ausgefallene Mittel einzusetzen. Sie galt als sehr erfinderisch. Ihre Elimination mittels Staubsaugerroboter rangierte in der betriebsinternen Hitparade derbest ends seit über elf Monaten auf Platz eins.

Sehr beliebt bei den Auftragskillern war der Sport.

Besonders bei Outdooraktivitäten drängten sich die Zielpersonen geradezu als Opfer auf. Gesunde Bewegung war gestern, heute hielt sich auch der durchschnittliche Freizeitsportler gern im Nahtodbereich auf. Biker, Jogger, Wanderer, Skifahrer, Schneeschuhgänger – immer hart am Limit, Abgrund und an einer Herzrhythmusstörung. Und somit ein Leichtes für Tell, mit lediglich dezenter Nachhilfe das Endziel zu erreichen.

Die Kollegen der Abteilung Organisation& Technik hatten in ihrem Büro ein selbst gestaltetes Plakat aufgehängt. Darauf stand: »Sport und Turnen füllen Gräber und Urnen.«

Adam Kish machte keinen Sport.

Adam Kish machte auch sonst nichts. Absolut gar nichts.

Adam Kish war der personifizierte Alptraum eines jeden Auftragskillers. Null Hang zum Sterben.

Morgenstern und Schlunegger hatten den Fall vor zehn Tagen zugewiesen bekommen und bissen sich seither daran die Zähne aus.

Kish war vierzig und in jeder Hinsicht langweiliger Durchschnitt. Er war weder klein noch groß, weder dick noch dünn, nicht besonders schön, aber auch nicht unansehnlich. Ein Allerweltsgesicht (vielleicht etwas gar zu feiste Bäckchen), eine Dutzendfrisur, eine Nullachtfünfzehn-Statur, ebenso profan seine Kleidung,